Prof. Dr. Peter Wollmert, Prof. Dr. Peter Oser
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts vom 25.6.2021 (Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz, KöMoG, BGBl 2021 I S. 2050) hat der deutsche Gesetzgeber für Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften eine Option zur Körperschaftbesteuerung geschaffen. Bei Ausübung der Option werden die Gesellschaft wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft besteuert. Um zur Körperschaftbesteuerung zu optieren, muss die Gesellschaft einen Antrag beim zuständigen Finanzamt spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahrs stellen. Die Option kann erstmals für Wirtschaftsjahre ausgeübt werden, welche nach dem 31.12.2021 beginnen.
Sofern eine Personenhandelsgesellschaft fristgerecht zur Körperschaftbesteuerung optiert, hat sie ab dem Geschäftsjahr, für welches die Option erstmals ausgeübt wurde, neben der Gewerbesteuer auch Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag im Steueraufwand ihrer GuV auszuweisen. Entsprechend stellen einbehaltene Kapitalertragsteuern auf Kapitalerträge der Gesellschaft keine Vorauszahlungen der Gesellschaft auf die persönlichen Ertragsteuern ihrer Gesellschafter mehr dar, sodass diese nicht mehr als Entnahme oder Forderung gegen die Gesellschafter zu erfassen sind. Die Kapitalertragsteuern sind vielmehr bei der Ermittlung des Steueraufwands und der Steuerrückstellungen der Gesellschaft zu berücksichtigen.
Im Hinblick auf die Forschungszulage (vgl. Abschn. 1.4) hat der Gesetzgeber flankierend geregelt, dass eine zur Körperschaft optierende Gesellschaft anspruchsberechtigt i. S. d. FZulG ist. Für eine solche Gesellschaft ist die Forschungszulage daher zwingend entsprechend der Bilanzierung bei Kapitalgesellschaften zu erfassen.
Darüber hinaus tangiert die Ausübung der Option zur Körperschaftbesteuerung die Bilanzierung latenter Steuern bei der Personengesellschaft, da der anzuwendende Steuersatz in diesem Fall auch die Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag zu umfassen hat. Bei der Bewertung latenter Steuern ist grundsätzlich der Steuersatz anzuwenden, welcher voraussichtlich im Zeitpunkt des Abbaus der temporären Differenzen gelten wird (§ 274 Abs. 2 Satz 1 HGB). Zum Bilanzstichtag besteht i. d. R. hinreichende Sicherheit, welchem Besteuerungssystem die Gesellschaft im folgenden Geschäftsjahr unterliegen wird, da der Antrag auf Besteuerung nach dem KStG spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahrs einzureichen ist, für welches die Körperschaftbesteuerung erstmalig zur Anwendung kommen soll; dies gilt entsprechend im Fall der Rückkehr zur transparenten Besteuerung der Personengesellschaft. Wurde fristgerecht zur Körperschaftbesteuerung optiert, muss der Steuersatz für die Bewertung latenter Steuern zum Abschlussstichtag die zukünftige Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag umfassen.
Die erstmalige Bewertung der latenten Steuern einschließlich Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag auf temporäre Differenzen stellt einen laufenden Geschäftsvorfall dar, der im Jahresabschluss der Personengesellschaft erfolgswirksam zu erfassen ist. Die i. R. d. BilMoG geschaffenen Übergangsbestimmungen (Art. 67 Abs. 6 EGHGB) sind in Ermangelung ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen nicht – auch nicht analog – anwendbar. Die Vorgehensweise entspricht vielmehr der Erfassung bzw. Ausbuchung latenter Steuern bei Begründung bzw. Beendigung einer ertragsteuerlichen Organschaft (§ 14 KStG).
Bei einem bilanzierenden Gesellschafter der Personengesellschaft führt die Ausübung der Option zur Körperschaftbesteuerung typischerweise zur erfolgswirksamen Ausbuchung latenter Steuern, soweit diese aus der Beteiligung an der Personengesellschaft resultieren. In der Steuerbilanz des Gesellschafters wurden die Anteile an der Personengesellschaft vor Ausübung der Option nach der Spiegelbildmethode bewertet, während handelsrechtlich das Anschaffungskostenprinzip gilt. Die temporären Differenzen zwischen der Handels- und Steuerbilanz der Personengesellschaft hatten sich dadurch mittelbar auf den Beteiligungsbuchwert ausgewirkt. Soweit die Bewertungsunterschiede aufgrund des steuerlich fingierten Formwechsels der Personengesellschaft fortbestehen, sind diese nunmehr entsprechend den Regelungen für Anteile an Kapitalgesellschaften zu würdigen.
Die Änderung der latenten Steuern auf die Anteile an der Personengesellschaft kann beim Gesellschafter dazu führen, dass aus einem Überhang aktiver latenter Steuern, der nach § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB nicht bilanziert wurde, ein passivischer Überhang wird, der zwingend anzusetzen ist. Umgekehrt kann aus einem passivischen Überhang ein aktivischer Überhang werden, für den das Aktivierungswahlrecht eröffnet ist.