Prof. Dr. Peter Wollmert, Prof. Dr. Peter Oser
Der HGB-Fachausschuss des DRSC hat am 9.3.2021 den Deutschen Rechnungslegungs Änderungsstandard Nr. 11 (DRÄS 11) verabschiedet, der v.a. DRS 18 Latente Steuern ändert. DRÄS 11 wurde am 2.6.2021 vom BMJV gem. § 342 Abs. 2 HGB bekannt gemacht (mit der Folge einer widerlegbaren GoK-Vermutung) und ist für Geschäftsjahre verpflichtend anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig.
Mit DRS 18.31b und 18.31c wurden Regelungen zur Bildung latenter Steuern bei der Währungsumrechnung von Zweigniederlassungen bzw. Betriebsstätten mit Sitz außerhalb der Eurozone formuliert, deren Einkommen im Sitzstaat der Besteuerung unterliegt und im Inland aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen freigestellt ist. Demnach sind bei diesen Zweigniederlassungen bzw. Betriebsstätten temporäre Differenzen im Vermögen der Zweigniederlassung und die daraus resultierenden latenten Steuern in deren Währung zu ermitteln. Zur Ermittlung der temporären Differenzen sind die in fremder Währung nach den deutschen handelsrechtlichen Bestimmungen ermittelten Wertansätze der Vermögensgegenstände und Schulden der Zweigniederlassung den entsprechenden lokalen steuerrechtlichen Wertansätzen gegenüberzustellen. Im Ergebnis werden die temporären Differenzen und damit verbundenen latenten Steuern so ermittelt, als ob die Zweigniederlassung ein rechtlich selbstständiges Unternehmen ist.
Bereits in der bisherigen Fassung des DRS 18 regelt Tz. 45, dass bei temporären Differenzen, die bei der Eliminierung von Zwischenergebnissen aus konzerninternen Lieferungen und Leistungen gem. § 304 Abs. 1 HGB entstehen, der Steuersatz des die Lieferung oder Leistung empfangenden Unternehmens maßgeblich ist, weil dieses Unternehmen die künftige Realisation der Differenz versteuern muss. In Ausnahmefällen können bei der Zwischenergebniseliminierung andere Steuersätze verwendet werden, wenn dadurch realitätsnähere Informationen als im Vergleich zur Verwendung der Steuersätze nach Tz. 45 vermittelt werden (vgl. DRS 18.45a). Dies kann z. B. bei konzerninternen Lieferungen der Fall sein, bei denen das die Lieferung empfangende Unternehmen eine Personengesellschaft ist. Diese Überlegungen werden in der Begründung mit einem Beispiel in der Tz. B10b vertieft.
Im Konzernanhang sind die latenten Steuersalden am Ende des Geschäftsjahrs und die im Laufe des Geschäftsjahrs erfolgten Änderungen dieser Salden anzugeben, wenn latente Steuerschulden in der Konzernbilanz angesetzt werden (§ 314 Abs. 1 Nr. 22 HGB). Die hierzu in DRS 18.63c formulierte Konkretisierung wird sprachlich angepasst, um klarzustellen, dass die Angabepflicht unabhängig davon besteht, ob die in der Konzernbilanz ausgewiesenen latenten Steuerschulden aus der Anwendung des § 274 HGB i. V. m. § 298 Abs. 1 HGB oder aus der Anwendung von § 306 HGB resultieren.
Außerdem werden die Angabepflichten gem. DRS 18.66 und 18.67 zu Betrag und etwaigem Zeitpunkt des Verfalls von nicht berücksichtigten abzugsfähigen temporären Differenzen sowie zur Erstellung einer sog. steuerlichen Überleitungsrechnung gestrichen. Bislang war ohnehin umstritten, ob diese Angabepflichten die gesetzlichen Vorgaben konkretisieren oder darüber hinausgehen. Mit der Streichung dieser Angabepflichten kann indes die bislang erforderliche Angabepflicht des Abschlussprüfers im Prüfungsbericht gem. IDW PS 450.134 entfallen, wenn die Angaben entgegen dem bisherigen DRS 18 nicht im Konzernanhang gemacht wurden.
In der Entwurfsfassung E-DRÄS 11 hatte der HGB-Fachausschuss noch vorgeschlagen, dass auf die Buchwertdifferenzen aus dem erstmaligen Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts aus einem Asset Deal im Jahresabschluss (§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB) § 306 Satz 3 HGB entsprechend anwendbar sei. Demnach hätten im Jahresabschluss auf Buchwertdifferenzen aus dem erstmaligen Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts zwischen Handels- und Steuerbilanz keine latenten Steuern gebildet werden müssen. Das BMJV hat gegen diese Auffassung rechtliche Bedenken geäußert, da § 274 HGB – abweichend zu § 306 HGB – kein Verbot enthalte, beim erstmaligen Ansatz von Buchwertdifferenzen beim Geschäfts- oder Firmenwert i. S. d. § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB latente Steuern anzusetzen, sondern für passive latente Steuern vielmehr eine Ansatzpflicht anordne. Vor diesem Hintergrund wurden die entsprechenden Passagen in DRÄS 11 ersatzlos gestrichen.
Kernaussage
DRÄS 11 führt zu punktuellen Änderungen von DRS 18. Positiv hervorzuheben ist der Verzicht auf Angabepflichten, die über die gesetzlichen Anforderungen hinaus gingen, insbesondere hinsichtlich der sog. steuerlichen Überleitungsrechnung.
Die im Entwurf noch vorgesehene Empfehlung, § 306 HGB auf Buchwertdifferenzen aus dem erstmaligen Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts aus einem Asset Deal im Jahresabschluss entsprechend anzuwenden, wurde nach rechtlichen Bedenken des BMJV nicht umgesetzt.