Zusammenfassung
Unternehmenskrisen kommen häufig schleichend daher und treten nur selten urplötzlich auf. Je früher die Symptome erkannt werden, umso besser sind die Möglichkeiten, Gegenmaßnahmen zur Abwendung der Krise einzuleiten.
Ausgangsbasis für die Krisenprävention ist eine kritische Auseinandersetzung mit den Risikofeldern, die auf das Unternehmen wirken können. Diese hängen vom jeweiligen Geschäftsmodell ab. Aus der Kategorisierung und Bewertung der Risiken sowie aus der Festlegung von Instrumentarien für die Erkennung und Steuerung der Risiken leitet sich ein Frühwarnsystem ab.
Frühwarnsysteme sollten in der Lage sein, sowohl die operativen als auch die strategischen Aspekte der Unternehmensführung abzubilden.
Der Aussagegehalt eines Frühwarnsystems hängt nicht unwesentlich von der Qualität der Finanzbuchhaltung ab. Eine konsequente Verbuchung von unterjährigen Bestandsveränderungen, Rechnungsabgrenzungen, Abschreibungen und Rückstellungen verbessern das Frühwarnsystem immens.
Am Beispiel einer mittelständischen Brauerei-Gruppe wird gezeigt, wie ein controllinggetriebenes Frühwarnsystem aufgebaut werden kann.
1 Kennzeichen, Charakteristika und Verlauf von Unternehmenskrisen
Krisenstadien
Allgemeingültige Aussagen zu den Ursachen einer Krise lassen sich kaum treffen. Dennoch zeigen verschiedene Krisensituationen ähnliche Entwicklungen und Merkmale, die sich stets wiederholen und insofern auch identifizieren lassen. Im Sanierungsmanagement wird in Anlehnung an den IDW ES 6 n. F. zwischen folgenden Krisenstadien unterschieden:
- Stakeholderkrise
- Strategiekrise
- Produkt- und Absatzkrise
- Erfolgskrise
- Liquiditätskrise
- Insolvenzreife
Häufig bauen die einzelnen Krisenstadien aufeinander auf. Im Anfangsstadium wird dies im Tagesgeschäft allerdings oft kaum bemerkt, auch wenn sich gewisse Veränderungen bereits abzeichnen. Die Krisenanzeichen sind in dieser Phase oftmals sehr schwach ausgeprägt.
Die Aussichten für die erfolgreiche Abwendung einer Krise sind deutlich höher, je früher sie erkannt wird und Gegenmaßnahmen zur Beseitigung der Krisensituation ergriffen werden. Abb. 1 macht dies anschaulich.
Abb. 1: Verlauf von Unternehmenskrisen
Ursachen und betriebswirtschaftliche Kennzeichen der einzelnen Krisenstadien lassen sich wie in Tab. 1 dargestellt skizzieren.
Verlaufsphasen |
Ursachen |
Betriebswirtschaftliche Kennzeichen |
Stakeholderkrise |
- Konflikte zwischen einzelnen Interessengruppen
- Unklares oder fehlendes Firmenleitbild
- Schwaches Führungs- oder Entscheidungsverhalten
- Mangelnde Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter
- Keine offene Unternehmenskommunikation
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- Wichtige Informationen für das Controlling werden zurückgehalten
- Interne Diskussionen über Produktportfolio, Marketingaktivitäten, Finanzierung etc.
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Strategiekrise |
- Unzureichende Kundenorientierung
- Mangelnde Beobachtung des Wettbewerbes
- Falsche Entscheidungen bei Sortiment, Innovation, Technologie
- Qualitätsprobleme bei den Produkten
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- Häufig noch stabile Ertragslage
- Verlust von Marktanteilen
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Produkt- und Absatzkrise |
- Schwächen im Sortiment
- Qualitätsprobleme bei Produkt, Service, Lieferzeiten
- Falsches Marketingkonzept
- Falsches Vertriebskonzept
- Fehlerhafte Preispolitik
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- Nachfragerückgang bei den Hauptumsatzträgern
- Hoher Lagerbestand
- Ergebnisrückgang oder Verluste
- Sinkende Innenfinanzierungskraft
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Erfolgskrise |
- Unzureichende Deckungsbeiträge aus dem operativen Geschäft
- Unkritischer Blick auf das Geschäftsmodell
- Mangelnde kaufmännische Auseinandersetzung
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- Ergebnisrückgang/Verluste
- Aufzehrung des Eigenkapitals
- Investitionsstau
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Liquiditätskrise |
- Verschärfung der Erfolgskrise
- Mangelhafte oder fehlende Liquiditätsplanung
- Aufzehrung des Eigenkapitals
- Unpassende Finanzierungsstruktur
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- Überfällige Verbindlichkeiten
- Überzogene Kreditlinien
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Insolvenzreise |
- Keine oder unzureichende Gegenmaßnahmen in den vorherigen Krisenstadien
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- Zahlungsunfähigkeit
- Drohende Zahlungsunfähigkeit
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Tab. 1: Ursachen und Kennzeichen von Unternehmenskrisen
Damit Unternehmenskrisen frühzeitig erkannt und rechtzeitig präventive Maßnahmen ergriffen werden können, ist eine umfassende Auseinandersetzung mit den betrieblichen Einflussfaktoren und deren Zusammenwirken erforderlich.
2 Risikomanagement und Krisenfrüherkennung
Zentrale Fragen
Da Unternehmenskrisen oftmals durch eine Verkettung von verschiedenen negativen Einflüssen charakterisiert sind, müssen zur Krisenprävention alle möglichen Einflussfaktoren in ihrem Zusammenwirken untersucht werden. Dies erfordert eine kritische Auseinandersetzung mit den Risiken, die auf das Unternehmen wirken können. Firmeninhaber und Controller müssen sich daher folgende Fragen stellen:
- Sind die gefährlichsten und echten Risiken für das Unternehmen bekannt?
- Sind die wesentlichen Risiken für die Firma unter Kontrolle und wird das Anbahnen dieser Risiken frühestmöglich erkannt?
- Werden die Risiken so gut beherrscht, dass die Wahrscheinlichkeit nahezu ausgeschlossen ist, durch eine Krise in eine existenzgefährdende Situation zu geraten?
2.1 Risikokategorien
Die Risikofelder, die auf ein Unternehmen wirken, können unterschiedlich sein. Es hilft, sie zu kategorisieren, damit die Unternehmensführung passe...