Rz. 456
Wurde fehlerhaft oder unvollständig einberufen, können die in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse je nach Art des Fehlers anfechtbar oder nichtig sein.
Rz. 457
Die Nichtigkeit aller in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse besteht analog § 241 Abs. 1 Nr. 1 AktG in folgenden Fällen:
- fehlende Einladung;
- Einladung durch Unbefugte;
- Einladung nicht aller Gesellschafter;
- nicht formgerechte Einladung, sofern die Einladung nicht trotzdem zugegangen ist und
- fehlende Angabe von Zeit und Ort der Versammlung.
Rz. 458
Beschlüsse, die im Handelsregister einzutragen sind, insb. Satzungsänderungen, Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen und die Bestellung oder Abberufung von Geschäftsführern, können gem. § 242 Abs. 2 AktG analog geheilt werden. Des Weiteren besteht analog § 242 Abs. 2 Satz 4 AktG die Möglichkeit der Heilung der Nichtigkeit durch Genehmigung des Beschlusses durch einen fehlerhaft geladenen Gesellschafter.
Rz. 459
Gesellschafterbeschlüsse sind bei folgenden Formfehlern zwar nicht nichtig, aber anfechtbar:
- Nicht-Einhaltung der erforderlichen Einberufungsfrist;
- Einberufung an einen unzulässigen Ort und
- Fehler bei der Bekanntmachung von Tagesordnung oder Beschlussvorschlägen.
Anfechtungsberechtigt sind alle Gesellschafter, unabhängig davon, ob sie an der Gesellschafterversammlung teilgenommen haben oder nicht, ohne dass es eines Widerspruchs innerhalb oder außerhalb der Gesellschafterversammlung bedürfte.
Rz. 460
Die Gesellschafter können einzeln oder alle schon vorher oder noch nachträglich auf die Einhaltung von Formalien verzichten, insb. auf die Einhaltung von Formen und Fristen der Einladung. Eine Nichtigkeit wird dadurch geheilt.
Beweislast
Die Beweislast für den Verzicht auf Formen und Fristen liegt bei der Gesellschaft. Der Verzicht kann ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten erklärt werden und erstreckt sich nur auf solche Mängel, die dem Verzichtenden bekannt sind oder für ihn erkennbar waren. Die bloße Anwesenheit eines Gesellschafters bei einer Gesellschafterversammlung führt nicht zur Heilung von Formmängeln.
Rz. 461
Sind bei einer Vollversammlung alle Gesellschafter anwesend oder vertreten, können gem. § 51 Abs. 3 GmbHG Beschlüsse trotz Mängeln in der Einberufung und Ankündigung der Tagesordnung gefasst werden. Voraussetzung ist allerdings – über den Wortlaut des Gesetzes hinaus und neben der bloßen Anwesenheit – das Einverständnis aller Beteiligten mit der Abhaltung der Gesellschafterversammlung. Dieses Einverständnis kann erteilt werden durch Mitwirkung an der Abstimmung oder – konkludent – durch rügelose Teilnahme an der Versammlung. Widerspricht ein Gesellschafter der Durchführung der Versammlung vor der betreffenden Beschlussfassung, ist er im Sinne des § 51 Abs. 3 GmbHG nicht anwesend. Will er gegen einen im Rahmen einer Vollversammlung ergangenen Beschluss gerichtlich vorgehen, ist er bezüglich seiner Rüge darlegungs- und beweisbelastet. Eine Vollversammlung bleibt – trotz etwaiger Ladungsmängel – beschlussfähig, wenn ein Gesellschafter sie nach Beginn wieder verlässt, ohne der Fortsetzung der Versammlung zu widersprechen. Die Grundsätze des § 51 Abs. 3 GmbHG gelten auch, wenn ein Ladungsmangel nur bei einem Teil der Gesellschafter vorliegt und diese Gesellschafter anwesend oder vertreten sind, andere, ordnungsgemäß eingeladene Gesellschafter aber nicht teilnehmen.