Prof. Dr. Klaus Schneider
Beim Entity-Ansatz wird der Marktwert des Eigenkapitals und damit der Unternehmenswert in 2 Schritten ermittelt. Im 1. Schritt werden der Marktwert des Gesamtkapitals und der Marktwert des Fremdkapitals ermittelt. Im darauffolgenden 2. Schritt wird dann der Marktwert des ermittelten Fremdkapitals vom Marktwert des Gesamtkapitals abgezogen. Der Unternehmenswert als Marktwert des Eigenkapitals berechnet sich somit indirekt als Differenzbetrag.
WACC-Ansatz wird am häufigsten angewendet
Die unterschiedlichen Entity-Ansätze (WACC, APV, TCF) unterscheiden sich darin, wie die aus der Fremdfinanzierung resultierende Unternehmensteuerersparnis (Taxshield) bei der Berechnung des Marktwerts des Gesamtkapitals berücksichtigt wird. In der Bewertungspraxis stellt der WACC-Ansatz das am häufigsten angewandte DCF-Verfahren aus dem Entity-Ansatz dar.
WACC-Ansatz (Weighted Average Cost of Capital)
1. Schritt beim WACC-Ansatz
Der 1. Schritt beim WACC-Ansatz umfasst die Ermittlung des Marktwerts des Gesamtkapitals. Hierfür wird unterstellt, dass der Gesamtkapitalwert, mit Ausnahme von Steuereinflüssen, von der zugrunde liegenden Finanzierungsart unabhängig ist. Rechnerisch werden die periodenspezifischen Free Cash Flows (vor Zinsen) mit den gewogenen Kapitalkosten (WACC-Satz) diskontiert. Die Free Cash Flows aus den nahen Planungsphasen (Phase 1 und ggf. Phase 2) werden hierbei detailliert geplant. Für die verbleibende Phase 3 wird ein Residualwert angesetzt. Für die Ermittlung des Residualwerts gibt es die beiden Szenarien Unternehmensfortführung oder Veräußerung des Unternehmens. Bei Annahme der Fortführung werden die Free Cash Flows der Phase 3, unter Annahme eines konstanten WACC-Satzes, ebenfalls diskontiert. Beim Veräußerungsszenario wird der Liquidationswert abzüglich der damit verbundenen Liquidationskosten angesetzt.
Damit die Diskontierung erfolgen kann, muss jedoch zunächst der WACC-Satz berechnet werden (vgl. Abb. 6). Der WACC-Satz spiegelt die mit den jeweiligen Eigen- bzw. Fremdkapitalquoten gewichteten Renditeforderungen der Eigentümer und Fremdkapitalgeber jeweils zu Marktwerten wider. Auch wenn sich in der Unternehmensrealität die Kapitalstruktur des zu bewertenden Unternehmens durch Tilgungsleistungen und/oder weitere Fremdkapitalaufnahmen verändert, so werden dennoch aus Vereinfachungsgründen eine konstante Kapitalstruktur und damit ein unveränderter WACC-Satz für die Bewertung zugrunde gelegt.
Addiert man zu dem Wert der diskontierten Free Cash Flows noch den Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens hinzu, so erhält man als Ergebnis des 1. Schritts den Gesamtkapitalwert.
Dargestellt als Formel berechnet sich der Marktwert des Gesamtkapitals wie folgt:
Gesamtkapital |
= |
Marktwert des Gesamtkapitals |
FCFt |
= |
Periodenspezifische Free Cash Flows (vor Zinsen) |
kWACC |
= |
Gewogene durchschnittliche Kapitalkosten (WACC-Satz) |
Der WACC-Satz berechnet sich nach folgender Formel.
kWACC |
= |
Gewogene durchschnittliche Kapitalkosten (WACC-Satz) |
rEK |
= |
Renditeforderung der Eigentümer auf Basis CAPM (= Eigenkapitalkosten) |
rFK |
= |
Renditeforderung der Fremdkapitalgeber (= Fremdkapitalkosten) |
EK |
= |
Marktwert des Eigenkapitals |
FK |
= |
Marktwert des Fremdkapitals |
GK |
= |
Marktwert des Gesamtkapitals |
(1-s) |
= |
Taxshield (Steuervorteile aus der anteiligen Fremdfinanzierung) |
s |
= |
Steuersatz des Unternehmens bzw. typisierter Ertragsteuersatz |
Zum besseren Verständnis wird die Herleitung des WACC-Satz in Abb. 6 beispielhaft dargestellt.
Abb. 6: Beispiel zur Ermittlung des WACC-Satzes
M: 2. Schritt beim WACC-Ansatz
In einem 2. Schritt wird der aus dem 1. Schritt berechnete Marktwert des Gesamtkapitals nun auf das Eigen- und Fremdkapital aufgeteilt. Zur Ermittlung des Marktwerts des Fremdkapitals werden die Free Cash Flows an die Fremdkapitalgeber mit einem risikoäquivalenten Zinssatz diskontiert. Das Ergebnis wird vom Marktwert des Gesamtkapitals abgezogen und ergibt den Marktwert des Eigenkapitals und somit den Unternehmenswert.