Rz. 1030
Bezüglich der aktiven Wahlberechtigung differenziert § 9 MitbestG zwischen (i) der Wahl durch von den wahlberechtigten Arbeitnehmern gewählte Delegierte bei Unternehmen mit in der Regel mehr als 8.000 Arbeitnehmern und (ii) der unmittelbaren Wahl durch die wahlberechtigten Arbeitnehmer bei Unternehmen mit in der Regel nicht mehr als 8.000 Arbeitnehmern. In beiden Fällen können die wahlberechtigten Arbeitnehmer das jeweils andere Wahlverfahren beschließen, also bei Unternehmen mit in der Regel mehr als 8.000 Arbeitnehmern die unmittelbare Wahl durch die Arbeitnehmer und bei Unternehmen mit in der Regel nicht mehr als 8.000 Arbeitnehmern die Wahl durch Delegierte. Wahlberechtigt sind jeweils nur Arbeitnehmer, die am Wahltag ihr 18. Lebensjahr vollendet haben.
Rz. 1031
Für das passive Wahlrecht gilt: Die Wählbarkeit von Arbeitnehmervertretern richtet sich – wie für die Vertreter der Anteilseigner – zunächst nach den persönlichen Voraussetzungen gem. § 100 Abs. 1 und 2 AktG. Ergänzend gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 1 MitbestG, dass die Wählbarkeit eines Prokuristen als Aufsichtsratsmitglied der Arbeitnehmer nur ausgeschlossen ist, wenn dieser der Geschäftsführung der GmbH, bei der der Aufsichtsrat nach MitbestG einzurichten ist, unmittelbar unterstellt und zur Ausübung der Prokura für den gesamten Geschäftsbereich ermächtigt ist. Im Übrigen unterscheiden sich die Wählbarkeitsvoraussetzungen für Arbeitnehmer des Unternehmens einerseits und Vertreter der Gewerkschaften andererseits wie folgt:
Rz. 1032
Für Arbeitnehmer des Unternehmens gilt: Wählbar sind nur Arbeitnehmer i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MitbestG (Rn. 1021), die mindestens ein Jahr dem Unternehmen angehören; den dafür maßgeblichen Stichtag nennt das Gesetz nicht. Da es um Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Aufsichtsrat geht, kann es jeweils nur auf den Beginn der Amtszeit und nicht auf einen früheren Zeitpunkt – etwa den Beginn der Wahl – ankommen. Auf die einjährige Unternehmensangehörigkeit werden nach § 7 Abs. 4 Satz 2 MitbestG Zeiten der Angehörigkeit zu anderen nach §§ 4 oder 5 MitbestG zu berücksichtigenden Unternehmen angerechnet. Fehlen bei einem Arbeitnehmer die Wählbarkeitsvoraussetzungen, ist seine Wahl nichtig.
Rz. 1033
Für die Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat gilt: Gewerkschaftsvertreter werden nicht etwa von den betreffenden Gewerkschaften in den Aufsichtsrat entsandt; die Gewerkschaften haben vielmehr nach § 16 Abs. 2 MitbestG lediglich ein Vorschlagsrecht; ihre Wahl erfolgt durch die wahlberechtigten Arbeitnehmer. Das Vorschlagsrecht kommt nur einer Gewerkschaft zu, die in dem Unternehmen, bei dem der Aufsichtsrat zu bestellen ist, oder in einem nach §§ 4 oder 5 MitbestG zu berücksichtigenden Unternehmen vertreten ist, also ein dort beschäftigter Arbeitnehmer – der selbst nicht wahlberechtigt sein muss – ihr angehört. Im Übrigen gibt es für Gewerkschaftsvertreter nach § 7 Abs. 5 MitbestG über die allgemeinen Wählbarkeitsvoraussetzungen (§ 100 AktG) hinaus keine weiteren Voraussetzungen. Die Gewerkschaftsvertreter brauchen deshalb weder im Unternehmen beschäftigt noch Mitglied der Gewerkschaft zu sein.