Rz. 1886

Bisher erfolgte die Besteuerung der Kapitalgesellschaft auch verfahrensrechtlich getrennt von der Besteuerung der Anteilseigner. Die Körperschaftsteuerbescheide stellten für die Einkommensteuerbescheide der Gesellschafter keine Grundlagenbescheide i. S. d. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO dar; eine verfahrensmäßige Verknüpfung i. S. d. § 174 Abs. 2 AO kam ebenfalls nicht in Betracht.[1] Auch wenn das Vorliegen einer vGA von der Finanzverwaltung als neue Tatsache i. S. v. § 173 AO angesehen wird, kam eine Änderung auf der Ebene des Gesellschafters nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO oft wegen Vorliegens eines groben Verschuldens nicht in Betracht. Die Möglichkeit, die Einkommensteuerbescheide auf Gesellschafterebene aufgrund der Gefahr des Vorliegens einer vGA für vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO anzuordnen, wurde von der Finanzverwaltung abgelehnt.[2]

 

Rz. 1887

Durch das Jahressteuergesetz 2007 ist nunmehr eine korrespondierende Besteuerung der vGA auf Gesellschafts- sowie Gesellschafterebene sichergestellt worden. Danach kann, soweit gegenüber einer Körperschaft ein Steuerbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer vGA erlassen, aufgehoben oder geändert wird, ein Steuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid gegenüber dem Gesellschafter, dem die vGA zuzurechnen ist, oder eine ihm nahe stehende Person erlassen, aufgehoben oder geändert werden (vgl. § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG). Regelmäßig wird sich die Änderungsmöglichkeit des § 32a Abs. 1 KStG zu Gunsten des Gesellschafters auswirken, da dies i. d. R. eine Umqualifizierung von der Voll-Besteuerung unterliegenden Einkünften in Einkünfte bedeutet, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen.

 

Rz. 1888

I.d.R. gegenläufig wirkt sich die sog. materielle Korrespondenz der vGA (vgl. § 3 Nr. 40d Satz 2 EStG und § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG) aus. Beim Anteilseigner werden die materiell-rechtlich als vGA zu wertenden Bezüge nur dann dem Regime des § 3 Nr. 40d EStG bzw. des § 8b Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 KStG unterworfen, soweit diese Bezüge das Einkommen der leistenden KapG nicht gemindert haben. Soweit diese Bezüge das Einkommen der KapG gemindert haben und die Körperschaftssteuer-bescheide nach allgemeinen Änderungsmöglichkeiten der AO nicht mehr änderbar sind (Vorrang des formellen Korrespondenzprinzips vor dem materiellen Korrespondenzprinzip), müssen die Einkünfte zwar als Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, aber eben ohne die für diese Einkünfte bestehenden Besteuerungsprinzipien (Teileinkünfteverfahren bzw. Abgeltungsteuer) besteuert werden.

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