a) Neugründung oder Formwechsel

 

Rz. 11

Die AG kann entweder durch Neugründung (§§ 23 bis 53 AktG) oder im Wege des Formwechsels nach Maßgabe der §§ 190 ff. UmwG entstehen, indem ein bereits existierendes Unternehmen unter Aufrechterhaltung seiner Identität (Rechtsträgerkontinuität) das Rechtskleid wechselt. So können die Gesellschafter der Gebrüder Meyer & Co. GmbH den Formwechsel der GmbH in die AG nach Maßgabe von §§ 226, 238 ff. UmwG beschließen, oder sie können stattdessen ihre Anteile an der GmbH im Wege der Sacheinlage in eine im Wege der Sachgründung errichtete, neue AG einbringen und ggf. anschließend die GmbH auf die AG verschmelzen. Wollen sie, wie häufig, die Satzung der AG von den zwingend nach § 27 Abs. 5 AktG i.V.m. § 26 Abs. 5 AktG fortzuschreibenden Sachgründungsbestimmungen freihalten, werden sie den vorliegend für die Formulare zugrunde gelegten dritten Weg wählen: Errichtung einer Holding AG im Wege der schlanken Bargründung, auf die sodann alle Anteile an der GmbH im Wege der Sachkapitalerhöhung übertragen werden. Häufig sind die Alternativen austauschbar.[9]

[9] Zur tatsächlichen Nutzung des einen oder anderen Instruments vgl. Bayer/Hoffmann, AG-Report 2006, 399.

b) Vorgesellschaft

 

Rz. 12

Zwischen Errichtung und Eintragung im Handelsregister besteht die AG als Vorgesellschaft. Sie ist als eigenständige, teilrechtsfähige Organisationsform sui generis[10] anerkannt und notwendiges Durchgangsstadium hin zu der mit Eintragung als juristische Person entstehenden AG. Wegen der Einzelheiten der Organisationsverfassung der Vor-AG ist auf das Schrifttum zu verweisen. Für die Praxis wichtig ist die Frage einer Haftung der Gründungsgesellschafter vor oder bei Scheitern der Eintragung,[11] außerdem die Haftung der mit vorzeitigem Geschäftsbeginn einverstandenen Gesellschafter gegenüber der eingetragenen AG bei Vorliegen einer Unterbilanz zum Eintragungszeitpunkt.

[10] Zur dogmatischen Einordnung K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 11 Rn 27 ff.; umfassend MüKo/Pentz, § 29 Rn 4; zu den Problemen der Ein-Mann-Vorgesellschaft Ulmer/Ihrig, GmbHR 1988, 373; Hüffer, ZHR 145 (1981), 521; Heidinger, ZNotP 2000, 182.
[11] Meinungsstand bei Hüffer/Koch, § 41 Rn 14; Heidel/Höhfeld, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, § 41 Rn 13 ff., 19; Schmidt/Lutter/Drygala, § 41 Rn 8 ff.; vgl. zur Vor-GmbH die Vorlageentscheidung des BGH v. 3.3.1996, GmbHR 1996, 279 (für unbeschränkte Innenhaftung der Gesellschafter), erledigt durch zustimmende Beschlüsse des BAG und BSG, GmbHR 1996, 763.

c) Ein-Mann-Gründung

 

Rz. 13

Mit dem Gesetz über die "kleine AG" ist die Ein-Mann-Gründung auch für die Aktiengesellschaft zugelassen worden, § 2 AktG.

d) Vorratsgründung

 

Rz. 14

Die Gründung einer Aktiengesellschaft auf Vorrat, die als bloßer Mantel zur Eintragung gelangt und nach dem Willen der Gründer erst zu einem späteren Zeitpunkt einen Geschäftsbetrieb aufnehmen soll, hat der BGH[12] anerkannt. Zulässig ist die Vorratsgründung aber nur dann, wenn sie offen erfolgt, indem der Unternehmensgegenstand etwa lautet:

"Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung des eigenen Vermögens."

Von Interesse ist die Vorratsgründung deshalb, weil die Inanspruchnahme der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen die Eintragung der Gesellschaft voraussetzt. Bei einer Geschäftsaufnahme vor Eintragung im Handelsregister droht den Gesellschaftern demgegenüber eine Inanspruchnahme aus Unterbilanzhaftung, wenn das Nettoreinvermögen im Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister die Grundkapitalziffer nicht mehr deckt.[13] Von einer vermeidbaren vorzeitigen Geschäftsaufnahme vor Eintragung der AG im Handelsregister ist deshalb abzuraten. Die Verwendung einer Vorratsgesellschaft dient dazu, die mit dem Eintragungsverfahren verbundene zeitliche Verzögerung zu vermeiden. Zu diesem Zwecke kann statt einer Vorratsgesellschaft aber auch eine Mantelgesellschaft verwendet werden, also eine früher aktive Gesellschaft, die nunmehr aber unternehmens- und oft auch vermögenslos ist, ohne dass eine Löschung erfolgt ist.

 

Rz. 15

Der haftungsbezogene Vorteil der Verwendung von Vorrats- und Mantelgesellschaften hat durch die Rechtsprechung des BGH[14] eine erhebliche Einschränkung erfahren. Auf die sog. wirtschaftliche Neugründung sollen nämlich die der Gewährleistung der Kapitalaufbringung dienenden Gründungsvorschriften entsprechende Anwendung finden. Danach hat der Vorstand bei Ausstattung der Vorrats- oder Mantelgesellschaft mit einem Unternehmen und erstmaliger bzw. erneuter Aufnahme des Geschäftsbetriebs entsprechend §§ 37 Abs. 1 S. 1 und 2, 54 Abs. 3 AktG zu erklären und nachzuweisen, dass die einzufordernde Einlage bewirkt wurde und weiterhin zur freien Verfügung des Vorstands steht;[15] außerdem erfolgt eine registergerichtliche Prüfung bezogen auf die reale Kapitalaufbringung. Maßgeblich ist dabei nicht das gesetzliche Mindestkapital, sondern die in der Satzung festgelegte Grundkapitalziffer. Auch ist bei Verwendung einer Vorrats- oder Mantel-AG vom Eingreifen einer Unterbilanzhaftung der Gesellschafter und einer Handelndenhaftung, ...

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