Rz. 81
Bei ihrer Geschäftsführung haben Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden, § 93 Abs. 1 S. 1 AktG. Sie unterliegen den Berichtspflichten nach § 90 AktG gegenüber dem Aufsichtsrat, der Geheimhaltungsverpflichtung nach § 93 Abs. 1 S. 3 AktG und dem gesetzlichen Wettbewerbsverbot nach § 88 AktG. Sie sind zur Einberufung einer Hauptversammlung bei Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals, § 92 Abs. 1 AktG, und bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nach Maßgabe von § 15a InsO zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verpflichtet. Ihnen obliegt darüber hinaus, neben einer ganzen Reihe weiterer gesetzlich bestimmter Pflichten, die Erfüllung der die AG treffenden Buchführungspflichten und Steuer- und Abgabepflichten. In diesen Zusammenhang gehört auch der mit dem TUG (siehe Rdn 10) eingeführte "Bilanzeid" nach § 264 Abs. 2 S. 3 HGB, den der Vorstand einer AG abgeben muss, wenn diese Inlandsemittent i.S.d. § 2 Abs. 14 WpHG ist. Nach § 91 Abs. 2 AktG hat der Vorstand geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früher erkannt werden, und er hat darüber hinaus, wovon auch der durch das VorstAG (siehe Rdn 10) geänderte § 107 Abs. 3 S. 2 AktG ausgeht, in angemessener Weise ein umfassendes Risikomanagementsystem, ein internes Kontrollsystem und ein internes Revisionssystem einzurichten. Außerdem hat die Rechtsprechung die von der h.M. im Schrifttum angenommene Pflicht des Vorstands zur Einrichtung eines angemessenen Compliance-Systems bestätigt.
Rz. 82
Nach § 93 Abs. 2 AktG haften Vorstandsmitglieder der AG auf Schadensersatz, wenn sie schuldhaft ihre Pflichten verletzen und der AG daraus ein Schaden entsteht; eine Reihe von Einzeltatbeständen, die Ersatzpflichten begründen, nennt § 93 Abs. 3 AktG. Die Beweislast bezüglich einer fehlenden objektiven Pflichtwidrigkeit oder fehlenden subjektiven Verschuldens obliegt nach § 93 Abs. 2 S. 2 AktG dem Vorstand. Durch das UMAG (siehe Rdn 10) ist § 93 Abs. 1 AktG dahin gehend ergänzt worden, dass eine Pflichtverletzung nicht vorliegt, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (sog. "Business Judgement Rule"). Hierdurch sollte im Wesentlichen die bereits vor dem UMAG ergangene Rechtsprechung kodifiziert werden, wonach dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte ein weites, gerichtlich nicht überprüfbares Ermessen einzuräumen ist, ohne das unternehmerisches Handeln nicht möglich ist. Bereits nach der Rechtsprechung des BGH zum bisherigen § 93 Abs. 1 AktG ist eine Haftung entfallen, wenn der Vorstand die Entscheidungsgrundlagen sorgfältig ermittelt, sich ausschließlich am Unternehmenswohl orientiert, die Risikobereitschaft nicht überspannt und seine Entscheidung in vollem Verantwortungsbewusstsein getroffen hat. Ansprüche nach § 93 AktG verjähren in fünf und bei börsennotierten Gesellschaften in zehn Jahren, § 93 Abs. 6 AktG. Zu den Voraussetzungen von Verzicht und Vergleich vgl. § 93 Abs. 4 AktG; zur Anspruchsverfolgung durch Gesellschaftsgläubiger vgl. § 93 Abs. 5 AktG; zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen auf Beschluss der Hauptversammlung vgl. § 147 AktG; zur Geltendmachung durch Aktionäre, deren Anteile zusammen 1 % des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 100.000 EUR erreichen, vgl. § 148 AktG. Gegenüber Aktionären und Dritten, namentlich Gesellschaftsgläubigern, kann der Vorstand aus c.i.c. und aus Delikt haften; § 93 Abs. 2 AktG ist kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB.