I. Typischer Sachverhalt
Rz. 124
Die BST-Beteiligungs-GmbH hat ihre 30 %ige Beteiligung an der Badische Glashandel Aktiengesellschaft an die Frankfurter Anlagenbau-AG veräußert. Auch bei der Frankfurter Anlagenbau-AG, deren Aktien im regulierten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen sind, haben sich die Beteiligungsverhältnisse geändert: Der Aktionär Kolb hat seine Beteiligung von 8 % an der Gesellschaft an Frau Meyer veräußert. Die Beteiligten fragen, ob gesetzliche Mitteilungspflichten bestehen.
II. Rechtliche Grundlagen
Rz. 125
Gesetzliche Mitteilungspflichten im Hinblick auf die Beteiligung von und an einer AG oder KGaA bestehen nach §§ 20, 21 AktG und nach den §§ 33 ff. (früher §§ 21 ff.) WpHG. Der Adressatenkreis der Bestimmungen und ihre Tatbestandsvoraussetzungen sind unterschiedlich. Die gesetzlichen Regelungen sind allerdings aufeinander abgestimmt: Für AG und KGaA, die Emittenten i.S.d. § 33 Abs. 4 (früher § 21 Abs. 2) WpHG sind (das heißt, deren Aktien zum Handel in einem inländischen organisierten Markt oder einem organisierten Markt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums zugelassen sind), gelten nur noch die Mitteilungspflichten nach WpHG; von den Mitteilungspflichten nach §§ 20, 21 AktG sind diese Gesellschaften bzw. deren Aktionäre befreit, §§ 20 Abs. 8, 21 Abs. 5 AktG. Demgegenüber gelten für nicht börsennotierte AG und nicht börsennotierte KGaA und deren unmittelbare und mittelbare Aktionäre nur die Mitteilungspflichten nach §§ 20, 21 AktG. Zudem besteht eine Verpflichtung von Personen, die bei einer börsennotierten AG oder KGaA Führungsaufgaben wahrnehmen, ihre Geschäfte in Aktien des Emittenten und sich darauf beziehenden Finanzinstrumenten, insbesondere Derivaten, sog. Directors’ Dealings mitzuteilen, Art. 19 Marktmissbrauchsverordnung (siehe Rdn 10). Darüber hinaus enthält das WpHG in den §§ 48 ff. (früher §§ 30a ff.) sowie in den §§ 114 ff. (früher §§ 37v ff.) weitere Informationspflichten, die sich aus der Börsenzulassung ergeben (Zulassungsfolgepflichten).
1. Mitteilungspflichten nach dem Aktiengesetz
a) § 20 AktG
Rz. 126
§ 20 AktG bestimmt Mitteilungspflichten, die gegenüber jeder AG und KGaA bestehen, die nicht Emittenten i.S.d. § 33 Abs. 4 (früher § 21 Abs. 2) WpHG (vgl. Rdn 125) sind. Mitteilungspflichtig ist der Erwerb einer Beteiligung von mehr als 25 % (Schachtelbeteiligung); außerdem (ggf. mit der Folge einer neuerlichen Mitteilungspflicht) der Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung. Mitteilungspflichtig ist auch der Wegfall einer Schachtel- oder Mehrheitsbeteiligung, § 20 Abs. 5 AktG. Zurechnungsregeln enthält § 20 Abs. 2 AktG. Anderweitige Kenntnis vom mitteilungspflichtigen Tatbestand bei dem Vorstand der AG bzw. dem Komplementär der KGaA befreit nicht von der Mitteilungspflicht. Anders als bei den Mitteilungspflichten nach WpHG (siehe Rdn 130) sind mitteilungspflichtig nur Unternehmen i.S.v. § 15 AktG, also Aktionäre, die neben der Beteiligung an der AG noch anderweitige wirtschaftliche Interessenbindungen haben.
b) § 21 AktG
Rz. 127
§ 21 AktG begründet Mitteilungspflichten von einer AG und KGaA gegenüber anderen Unternehmen. Die Bestimmung will die Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse im Interesse der Aktionäre, der Gläubiger und der Öffentlichkeit sicherstellen. Danach hat eine AG bzw. KGaA den Erwerb einer Schachtelbeteiligung von mehr als 25 % an einer anderen Kapitalgesellschaft unverzüglich dieser Gesellschaft schriftlich mitzuteilen. Unabhängig von der Rechtsform des Beteiligungsunternehmens ist diesem nach § 21 Abs. 2 AktG außerdem der Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung mitzuteilen. Mitteilungspflichtig ist auch der Wegfall der Beteiligung, § 21 Abs. 3 AktG. Sind sowohl der Tatbestand des § 20 als auch der des § 21 AktG verwirklicht, so hat nach allgemeiner Meinung § 20 AktG Vorrang, so dass die Mitteilung nach § 20 AktG genügt.
c) Rechtsfolgen bei unterlassener Mitteilung
Rz. 128
Wird die Mitteilung nach § 20 AktG versäumt, führt dies nach § 20 Abs. 7 AktG zu einer Ausübungssperre der Rechte des Unternehmens aus den Aktien. Dasselbe gilt bei Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 21 AktG, vgl. § 21 Abs. 4 AktG. Nach § 20 Abs. 7 S. 2 AktG gilt die Ausübungssperre nicht für Dividendenansprüche und Ansprüche auf den Liquidationserlös, sofern die erforderliche Mitteilung nicht vorsätzlich unterlassen wurde und nachgeholt worden ist.
d) Sonderfall: Mitteilung nach § 42 AktG
Rz. 129
Nach § 42 AktG hat d...