1. Minderheitsverlangen nach § 122 AktG
Rz. 111
Die Aktionäre sind nicht davon abhängig, ob und mit welchen Beschlussgegenständen Vorstand oder Aufsichtsrat zur Hauptversammlung einladen. Sie können, wenn sie 5 % des Grundkapitals repräsentieren oder ihre Anteile zusammen den anteiligen Grundkapitalbetrag von 500.000 EUR erreichen, nach Maßgabe von § 122 AktG selbst initiativ werden. Je nach Anteil am Grundkapital können sie die Einladung einer Hauptversammlung oder die Bekanntmachung von (zusätzlichen) Beschlussgegenständen verlangen und ggf. gerichtlich durchsetzen, § 122 Abs. 3 AktG. Das Verlangen zusätzlicher Beschlussgegenstände hat binnen 24 Tagen, bei börsennotierten Gesellschaften binnen 30 Tagen vor der bereits einberufenen Hauptversammlung zu erfolgen, § 122 Abs. 2 S. 3 AktG. Es ist nach dem Gesetzeswortlaut schriftlich an den Vorstand zu richten. Bei europarechtskonformer Auslegung reicht jedenfalls bei börsennotierten Gesellschaften Textform (§ 126b BGB) aus. Dabei muss jedem neuen Gegenstand eine Begründung oder eine Beschlussvorlage beigefügt sein. Außerdem müssen bestimmte Aktienbesitzzeiten entsprechend § 122 Abs. 1 S. 3 AktG (ggf. i.V.m. § 70 AktG) nachgewiesen werden.
2. Gegenanträge und Wahlvorschläge
Rz. 112
Gegenanträge zu Gegenständen der (bekannt gemachten) Tagesordnung kann jeder Aktionär unabhängig von der Zahl seiner Aktien und ohne vorherige Bekanntmachung (noch) in der Hauptversammlung stellen. Will der Aktionär die anderen Aktionäre von seinem Gegenantrag vor der Hauptversammlung in Kenntnis setzen, kann er verlangen, dass dieser den in § 125 Abs. 1 bis 3 AktG genannten Berechtigten unter den dortigen Voraussetzungen zugänglich gemacht wird, wenn er der Gesellschaft nach § 126 Abs. 1 AktG seinen Gegenantrag mit Begründung mindestens 14 Tage vor dem Tag der Hauptversammlung an die hierfür in der Einberufung mitgeteilte Adresse übersendet. Der Vorstand hat dann grundsätzlich den Gegenantrag und die Begründung, etwa durch Einstellen auf die Internetseite der Gesellschaft, zugänglich zu machen. Entsprechendes gilt für den Vorschlag eines Aktionärs zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern oder von Abschlussprüfern, § 127 AktG, jedoch ist eine Begründung des Wahlvorschlags nicht erforderlich. Die Pflicht, Gegenanträge oder Wahlvorschläge zugänglich zu machen, entfällt in den in § 126 Abs. 2 AktG genannten Fällen. Für Wahlvorschläge entfällt sie ferner, wenn der Vorschlag nicht die Angaben nach §§ 124 Abs. 3 S. 4 und 125 Abs. 1 S. 5 AktG enthält. Als zusätzliche Möglichkeit der Kommunikation zwischen Aktionären wurde durch das UMAG (siehe Rdn 10) das sog. "Aktionärsforum" eingeführt, das in der Praxis jedoch nur wenig genutzt wird; zu den Einzelheiten vgl. § 127a AktG.
3. Rederecht in der Hauptversammlung
Rz. 113
In der Hauptversammlung steht jedem Aktionär das Recht zu, sich an der Aussprache zur Tagesordnung zu beteiligen und für oder gegen die Beschlussvorschläge der Verwaltung zu plädieren. Dem Versammlungsleiter obliegt die Bestimmung der Reihenfolge der Redner. Er kann, wenn andernfalls die Abhandlung der Tagesordnung am Tag der Hauptversammlung gefährdet ist, allgemein die Redezeit beschränken, er kann einzelne Redner auch auffordern, binnen gesetzter Frist zum Schluss zu kommen, und er kann ihnen ggf. das Wort entziehen. Zur satzungsmäßigen Ermächtigung des Vorsitzenden der Versammlung, das Rede- und Fragerecht zeitlich angemessen zu beschränken, vgl. § 131 Abs. 2 S. 2 AktG.
4. Auskunftsrecht der Aktionäre
Rz. 114
Soweit dies zur sachgerechten Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist, hat der Vorstand jedem Aktionär in der Hauptversammlung auf Verlangen Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, § 131 Abs. 1 AktG. Die Auskunft ist mündlich in der Hauptversammlung zu erteilen, ein Verweis auf schriftliche Unterlagen ist im Regelfall unzulässig. In den in § 131 Abs. 3 AktG genannten Fällen kann die Auskunft verweigert werden. Verstöße gegen die Auskunftspflicht können die Anfechtbarkeit der zum betreffenden Gegenstand gefassten Beschlüsse nach sich ziehen. Neben der Beschlussanfechtung kann der Aktionär das Auskunftserzwingungsverfahren nach § 132 AktG einleiten.