Rz. 32
Da in den meisten Fällen der anwaltlichen Tätigkeit ein Dienstvertrag vorliegt, richtet sich auch die Fälligkeit nach den dienstvertraglichen Regelungen. § 614 BGB wird dabei durch § 8 RVG konkretisiert.
§ 8 Fälligkeit, Hemmung der Verjährung
(1) Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht.
(2) Die Verjährung der Vergütung für eine Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren wird gehemmt, solange das Verfahren anhängig ist. Die Hemmung endet mit der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens. Ruht das Verfahren, endet die Hemmung drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit. Die Hemmung beginnt erneut, wenn das Verfahren weiter betrieben wird.
Von der Fälligkeit ist regelmäßig die Frage nach der Entstehung der einzelnen Gebühren zu unterscheiden. Die einzelnen Gebührentatbestände entstehen bereits, wenn der Rechtsanwalt erste Schritte unternimmt, die dem konkreten Gebührentatbestand unterfallen. Die Entstehung der Gebührenforderung löst – anders als die Fälligkeit – jedoch nicht den Beginn der Verjährungsfrist aus und eröffnet auch nicht den Weg der Gebührenfestsetzung nach § 11 RVG.
Die Fälligkeit tritt damit ein, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Für das gerichtliche Verfahren sieht die Norm vor, dass die Fälligkeit auch eintritt, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht. Vor diesem Zeitpunkt ist eine Abrechnung lediglich als Vorschuss möglich. Es ist also nicht die Rechnung, die die Fälligkeit der Forderung auslöst.
Rz. 33
Die Erledigung eines Auftrages tritt ein, wenn der geltend gemachte Anspruch selbst erledigt ist. Das ist gerade dann der Fall, wenn der geltend gemachte Anspruch erfüllt worden ist und der Geldbetrag ausgeglichen, die Auskunft oder Zustimmung erteilt oder die Minderung anerkannt ist. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist allerdings die Kenntnis des Rechtsanwaltes von der Beendigung. Die Erledigung tritt auch ein, wenn der Rechtsanwalt die Angelegenheit nicht weiter bearbeitet, weil er seine Zulassung verloren hat, verstorben ist oder im Fall der Insolvenz des Auftraggebers; § 115 Abs. 1 InsO.
Außergerichtlich tritt eine Beendigung ein, wenn das Mandat nicht weiter betrieben wird, ohne dass das verfolgte Ziel eingetreten ist. Beispiele hierfür sind die Niederlegung des Mandates, das Absehen von einer Klageerhebung mangels Erfolgsaussichten oder der Abschluss der außergerichtlichen Tätigkeit und Übergang ins gerichtliche Verfahren. Auch der Wechsel vom Urkunden- oder Wechselprozess in das reguläre Verfahren oder der Übergang vom Mahnverfahren ins Klageverfahren beendet jeweils die gebührenrechtliche Angelegenheit.
Rz. 34
Bei gerichtlichen Verfahren sieht § 8 RVG den Eintritt der Fälligkeit mit Ergehen einer das Verfahren beendenden Entscheidung (Urteil oder Beschluss), dem Eintritt der Rechtskraft eines Vergleiches oder auch der Klagerücknahme. Das Ergehen der Kostenentscheidung liegt vor, wenn das Gericht darüber befindet, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, also eine Kostengrundentscheidung ergeht. Beispiel dafür sind die Kostenentscheidungen nach Erledigungserklärung oder Klagerücknahme.
Das Ruhen tritt jedenfalls ein, wenn in einem Termin keine der Parteien einen Antrag stellt und eine Anordnung nach § 251 ZPO getroffen wird oder das Verfahren ausgesetzt wird. Ein Ruhen soll nicht vorliegen, wenn das Gericht über drei Monate keine verfahrensleitenden Verfügungen mehr trifft und die Parteien das Verfahren nicht mehr betreiben. Literaturmeinungen, die auch von einer Fälligkeit nach dreimonatigem Stillstand des Verfahrens ausgehen, stützen sich häufig auf Entscheidungen, die vor Geltung des RVG ergangen sind.
Praxistipp:
Beachten Sie die Fälligkeit bei Ihren Büroanweisungen. Nach Abschluss eines gebührenrechtlich selbstständigen Teils des Mandates sind
1. |
der betreffende Abschnitt nach § 10 RVG abzurechnen, |
2. |
der Zahlungseingang zu überwachen und |
3. |
drohende Verjährungsfristen zu notieren. |
Rz. 35
Mit Eintritt der Fälligkeit ist das Recht, einen Vorschuss zu verlangen, ausgeschlossen. Ab diesem Zeitpunkt muss die Rechnung den Anforderungen des § 10 RVG genügen. Zudem beginnt nach § 23 BORA die Pflicht zur unverzüglichen Abrechnung für Mandate, in denen ein Vorschuss vereinnahmt wurde.
Der Zeitpunkt der Fälligkeit markiert den Beginn der Verjährungsfrist. Auch ist die Fälligkeit zwingende Voraussetzung für das Gebührenfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG.
Die Vorschriften des § 8 RVG gelten sowohl für die Gebühren aus dem Anwaltsvertrag als auch für die Gebühren der Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe.
Rz. 36
Die Fälligkeitsvorschriften des § 8 RVG sind a...