Rz. 42
Das Verfahren nach § 11 RVG beginnt durch Stellung eines Antrages vor dem Prozessgericht in erster Instanz. In Zwangsvollstreckungssachen ist der Antrag an das Vollstreckungsgericht zu richten. Handelt es sich um die Kosten eines gerichtlichen Mahnverfahrens, welches nicht an das zuständige Gericht abgegeben wurde, so ist für den Antrag nach § 11 RVG das Mahngericht zuständig. Nach einem Widerspruch oder Einspruch sehen die Gerichte inzwischen aber die Zuständigkeit des Prozessgerichts, welches im Klageverfahren zu entscheiden hat, als gegeben. Zur Begründung wird angeführt, dass § 699 ZPO lediglich für den Vollstreckungsbescheid die Kostenentscheidungskompetenz an das Mahngericht abgibt. Für eine Kostenfestsetzung im Rahmen von § 11 RVG bestünde hier keine Ausnahme von der grundsätzlichen Zuständigkeitsregel.
Handelt es sich um Kostenforderungen aus Zwangsvollstreckungshandlungen, ist das Vollstreckungsgericht zuständig.
Rz. 43
Anders als bei der Kostenfestsetzung gegen die Gegenseite kann bei vorsteuerabzugsberechtigten Mandanten die Umsatzsteuer hier mitbeantragt werden; § 11 Abs. 2 S. 2 RVG i.V.m. § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO. Das ist verständlich. In beiden Kostenfestsetzungsverfahren sind nur tatsächlich entstandene Kosten zu berücksichtigen. Der vorsteuerabzugsberechtigte Mandant kann mit Erhalt der Anwaltsrechnung die darin enthaltene Umsatzsteuer unmittelbar in der nächsten Umsatzsteuererklärung als Vorsteuer abziehen. Er ist durch diese Kosten also nicht belastet. Folglich hat er keinen Anspruch, auf Erstattung dieser Steuer vom Gegner. Deshalb darf die Kostenfestsetzung gegen die Gegenpartei in diesem Fall nicht die Umsatzsteuer umfassen.
Der Rechtsanwalt als Aussteller der eigenen Rechnung muss jedoch auf seine Einnahmen die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Zahlt der Mandant weniger, ist selbst die Umsatzsteuer auf diesen gezahlten Teilbetrag zu entrichten. Der Rechtsanwalt wird durch diese Kosten also direkt belastet und kann sie folglich auch im Rahmen des Verfahrens nach § 11 RVG geltend machen.
Rz. 44
Zu den festsetzungsfähigen Kosten gehören nur die Kosten des gerichtlichen Verfahrens, wie
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Verfahrensgebühren in Klageverfahren, Mahnverfahren, Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren, Verfahren über Gehörsrügen, Nichtzulassungsbeschwerden, |
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die Terminsgebühr in den genannten Verfahren, selbst dann, wenn der Termin nicht bei Gericht sondern z.B. in Form einer Besprechung mit der Gegenseite stattgefunden hat, |
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regelmäßig die Einigungsgebühr, wenn die Einigung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens erfolgt (Dabei gehört auch die Einigungsgebühr eines überschießenden Vergleichswertes zu den Kosten. Die gerichtliche Protokollierung ist dafür nicht notwendig.), |
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die Kosten im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren – soweit keine Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt –, |
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die Gebühren einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrestverfahrens, |
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die Gebühren eines Terminsvertreters, |
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die Gebühren eines Verkehrsanwaltes in einer gerichtlichen Angelegenheit, |
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die Gebühren eines Güteverfahrens oder Schiedsgerichtsverfahrens, sofern sich tatsächlich ein Gerichtsverfahren angeschlossen hat, |
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die Gebühren eines Zwangsvollstreckungsverfahrens oder der Vorpfändung, nicht jedoch der bloßen Zwangsvollstreckungsandrohung, die gerade nicht bei Gericht anhängig gemacht wurde. |
Die Mehrvertretungsgebühr nach VV 1008 ist hingegen nicht festsetzbar. Vielmehr ist hier die Gebühr gegen jeden einzelnen Mandanten in der von ihm zu übernehmenden Höhe festzusetzen.
Rz. 45
Nicht festsetzungsfähig sind:
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Geschäftsgebühren, |
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Gebühren im schiedsrichterlichen Verfahren, sofern kein gerichtliches Verfahren folgt, |
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die Abrategebühr, wenn das Rechtsmittel nicht eingelegt worden ist, |
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Vorschüsse, da Voraussetzung des § 11 RVG die Fälligkeit der Gebührenforderung ist, |
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Vergütungsansprüche aus Gebührenvereinbarungen, selbst wenn sie gerichtliche Verfahren betreffen, |
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Vergütungen, sofern sie bereits gezahlt sind. |
Ob eine Gebühr zu den gerichtlichen Gebühren gehört, richtet sich danach, ob die Streitigkeit anhängig geworden ist.
Beispiel:
Nr. 3201 VV RVG sieht für den Fall der Erledigung eines Berufungsantrages vor Einlegung des Rechtsmittels oder Einreichung eines Klageantrages mit Sachanträgen eine ermäßigte Verfahrensgebühr von 1,1 Gebühren vor.
Auf Seiten des Berufungsklägers entsteht die volle Verfahrensgebühr mit Einreichung des Schriftsatzes. Ab Erteilung des Auftrages bis zur Einreichung des Berufungsschriftsatzes entsteht die reduzierte Verfahrensgebühr. Da die Berufung jedoch nicht anhängig geworden ist, kann diese nicht nach § 11 RVG festgesetzt werden.
Auf Seiten des Berufungsbeklagten kann sich der Rechtsanwalt bestellen, ohne Anträge gestellt zu haben. Er wird also gerichtlich tätig. Erledigt sich die Angelegenheit nun, ohne dass Anträge gestellt werden oder ein Sachvortrag erfolgt, erhält auch er die reduzierte Verfahrensgebühr. Es war aber im gerichtlichen Verfa...