Rz. 111
Soweit Beratungshilfe gewährt wurde, muss der Rechtsanwalt jedoch nicht zwangsläufig auf die Geltendmachung der eher geringen Beratungshilfekosten beschränkt sein. Besteht ein Erstattungsanspruch der vorgerichtlichen Gebühren gegen die Gegenseite, ist wegen § 9 BerHG auch bei Beratungshilfe die Durchsetzung der Wahlanwaltsgebühren möglich. Dabei geht der Anspruch auf Zahlung der Wahlanwaltsgebühren gegen die Gegenseite direkt auf den beratenden Rechtsanwalt über. Der Forderungsübergang tritt mit Bewilligung der Beratungshilfe ein.
Erfolgt nur eine teilweise Erstattung der Kosten, so sind diese dennoch nach § 58 Abs. 1 RVG vorrangig auf die Beratungshilfekosten anzurechnen. Nur bei Zahlungen auf Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses – also die Gebühren gerichtlicher Verfahren – kann eine Anrechnung vorrangig auf nicht erstattungsfähige Kosten erfolgen.
Rz. 112
Praxistipp:
Die Problematik, dass mit dem Anspruchsübergang auch die Aktivlegitimation des Rechtssuchenden hinsichtlich der Geltendmachung der vorgerichtlichen Wahlanwaltskosten entfällt, wurde von den Gerichten offenbar bisher nicht gesehen. Vorsorglich empfiehlt es sich, die Gewährung der Beratungshilfe in den Schriftsätzen nur zu erwähnen, wenn die Aufrechnung der Kosten mit Gegenansprüchen vermieden werden soll.
Rz. 113
Das Beratungshilferecht sah bis 2014 vor, dass der Rechtsanwalt im Rahmen eines Beratungshilfemandates keine Leistungen des Mandanten annehmen durfte und Vergütungsvereinbarungen nichtig waren. Wegen § 8 Abs. 2 S. 1 BerHG trifft dies im Grundsatz noch immer zu. Er ist jedoch durchbrochen worden.
Ist die Bemühung des Rechtsanwaltes im konkreten Fall so ausgefallen, dass der Mandant einen Vermögensvorteil erlangt hat, besteht nach § 6a BerHG die Möglichkeit, die Beratungshilfe aufheben zu lassen. Voraussetzung ist, dass die Auszahlung der Vergütung durch den Rechtsanwalt noch nicht beantragt wurde. Außerdem ist es zwingend notwendig, dass der Rechtsanwalt bereits bei Mandatsannahme darüber aufgeklärt hat, dass er in diesem Fall vom Mandanten eine Vergütung nach allgemeinen Vorschriften – also die Wahlanwaltsgebühren – verlangen kann. Eine Anrechnung der bereits gezahlten Beratungshilfegebühr erfolgt auch auf die Wahlanwaltsgebühr.
Gleichzeitig mit dieser Änderung wurde in § 4a S. 3 RVG die Möglichkeit geschaffen, auch für Beratungs- und Prozesskostenhilfemandanten Gebührenvereinbarungen zu treffen. Bisher waren diese ausgeschlossen, weil durch die Möglichkeit der Gewährung von Beratungs- und Prozesskostenhilfe der Rechtssuchende prinzipiell nicht davon abgehalten wurde, seine Rechte durchzusetzen. Die Ergänzung des § 4a RVG eröffnet damit den Anwendungsbereich gerade für Beratungs- und Prozesskostenhilfemandate.
Rz. 114
Auch das Gericht kann die gewährte Beratungshilfe von Amts wegen aufheben, wenn die Voraussetzungen der Bewilligung nicht mehr vorliegen. In diesem Fall bleibt wegen § 8a Abs. 2 Nr. 1 BerHG der Vergütungsanspruch des Rechtsanwaltes bestehen. Die Staatskasse erwirbt vielmehr einen Erstattungsanspruch gegen den Mandanten. Dies soll jedoch nicht gelten, wenn der Rechtsanwalt Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis davon hatte, dass die Bewilligungsvoraussetzungen nicht vorgelegen haben. Auch aus diesem Grund empfiehlt es sich, die Antragstellung vollständig dem Mandanten zu überlassen.