Rz. 156
Voraussetzung der Gewährung der Prozesskostenhilfe ist die Beantragung vor dem zuständigen Prozessgericht. Im Antrag ist gleichzeitig die Beiordnung des Rechtsanwaltes zu beantragen. Dem Antrag sind die ausgefüllten Formulare der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers nebst den Nachweisen beizufügen. Hinsichtlich der Formulare besteht wegen § 117 Abs. 3 ZPO i.V.m. der Prozesskostenhilfeformularverordnung – PKHFV Formularzwang. Zu den Formularen gehört auch das umfassende Hinweisblatt, in dem sämtliche notwendigen Informationen zur Prozesskostenhilfe an den Mandanten erörtert werden. Deren Erhalt bestätigt der Mandant mit seiner Unterschrift unter die Erklärungen.
Rz. 157
Die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen wird in der Prozessakte behalten und dem Gegner im Regelfall nicht zugänglich gemacht. Eine Herausgabe an den Gegner kann erfolgen, wenn der Antragsteller der Herausgabe zustimmt. Außerdem ist Einsicht in die Erklärung zu gewähren, wenn der Gegner einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegen den Antragsteller hat; § 117 Abs. 2 ZPO.
Insbesondere wegen der sich aus der Erklärung ergebenden Hinweise auf mögliche Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten, empfiehlt es sich regelmäßig, die Zustimmung zu versagen.
Rz. 158
Der Antrag kann einzeln erfolgen oder mit der Klage oder Erwiderungsschrift verbunden werden. Um die Beurteilung der Erfolgsaussichten zu ermöglichen, muss der Antrag begründet werden und die Beweismittel angegeben werden.
Rz. 159
Auch die Fahrtkosten zum Gerichtstermin können erstattungsfähig sein. Dabei sind Fahrten innerhalb der Gemeinde, in der der Rechtsanwalt seinen Wohnort oder seinen Kanzleisitz hat, regelmäßig nicht zu erstatten; Vorbem. 7 Abs. 2 VV RVG. Verlässt der Rechtsanwalt aber seine Gemeinde, entsteht ein Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten und des Abwesenheitsgeldes. Diese werden im Rahmen der Prozesskostenhilfe erstattet, wenn sie erforderlich sind. Hier besteht die Möglichkeit, dies nach § 46 RVG bereits vor Reiseantritt feststellen zu lassen.
Die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf die Fahrtkosten und das Abwesenheitsgeld ist unter zwei Bedingungen zu gewähren:
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Die Fahrtkosten eines Rechtsanwaltes sind auch erstattungsfähig, wenn dieser innerhalb des OLG-Bezirkes zum Termin reisen muss. Die Obergrenze bilden die Kosten der Anreise vom am weitesten entfernten Punkt im Gerichtsbezirk. Hat der beauftragte Rechtsanwalt seinen Sitz außerhalb des Gerichtsbezirkes, aber näher als der am weitesten entfernte Punkt des Gerichtsbezirkes des Prozessgerichts, so entstehen durch seine Beauftragung keine Mehrkosten. Auch hier sind die vollen Reisekosten zu erstatten; § 121 Abs. 3 ZPO. |
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Mehrkosten werden auch erspart, wenn durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwaltes die Kosten eines Verkehrsanwaltes erspart werden; § 121 Abs. 4 ZPO. |
Rz. 160
Soweit die Beiordnung zu den Bedingungen eines auswärtigen Anwaltes verweigert worden ist, ist hiergegen die Beschwerde zulässig. Sie ist binnen Monatsfrist zu erheben.
a) Bedingte Klageerhebung
Rz. 161
In einzelnen Fällen kann es sinnvoll sein, zunächst nur die Prozesskostenhilfe zu beantragen und die Klageerhebung von der Gewährung der Prozesskostenhilfe abhängig zu machen. Das Gericht hat eine summarische Prüfung vorzunehmen und wird so Anträge, die von vornherein keine Aussicht auf Erfolg bieten, aussortieren, Hinweise zur Schlüssigkeit und Begründetheit geben und auf diese Weise eine Aussicht auf das Prozessrisiko des Mandanten geben. Darüber hinaus erlangen Mandant und Rechtsanwalt bei der bedingten Klageerhebung schnell Sicherheit, in welchem Umfang die Prozesskostenhilfe gewährt ist. Nicht empfehlenswert ist dieses Vorgehen, wenn Ausschlussfristen laufen oder bereits für die Verteidigung Fristen gesetzt sind.
Nicht selten wird der PKH-Antrag der Gegenseite als Klage zugestellt. Ein solcher Schriftsatz ist jedoch nicht als Klage zu behandeln. Die so entstandenen Kosten sind nach § 21 GKG niederzuschlagen. Es ist dennoch wichtig, bereits im Antragsschriftsatz klarzustellen, ob die Klage in jedem Fall erhoben werden soll oder ob die Klageerhebung durch die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bedingt sein soll.
Rz. 162
Der PKH-Antrag ist der Gegenseite zur Stellungnahme zuzuleiten. Der Gegner ist jedoch nicht verpflichtet, diesem Antrag überhaupt und schon gar nicht im Umfang einer Klageerwiderung entgegenzutreten. Die Kosten – eine 1,0 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3335 VV RVG – für die Stellungnahme zum Prozesskostenhilfeantrag sind auch nicht durch die Gegenseite zu erstatten. Sie werden mit der Verfahrensgebühr verrechnet, wenn es zu einem folgenden Klageverfahren kommt.
Praxistipp:
Liegt ein PKH-Antrag der Gegenseite zur Stellungnahme vor, ist dringend zu überlegen, ob und in welchem Umfang die Stellungnahme erfolgen soll. Soll der Prozess v...