I. Allgemeines
Rz. 137
Zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs kann nach den §§ 114 bis 127 ZPO Prozesskostenhilfe gegenüber den Rechtssuchenden gewährt werden, die sich das Verfahren aus eigenen Mitteln nicht leisten können. Die Prozesskostenhilfe ist das Pendant zur Beratungshilfe für das gerichtliche Verfahren. Im Verfahren vor dem Familiengericht wird die Prozesskostenhilfe auch Verfahrenskostenhilfe genannt.
Bei gewährter Prozesskostenhilfe werden die anwaltlichen Kosten und auch die Gerichtskosten aus der Staatskasse gewährt. Von den Gerichtskosten wird nach § 31 Abs. 3 GKG nur der Anteil abgedeckt, den der PKH-Berechtigte nach dem Kostentenor zu tragen hat. Der Rechtsanwalt erhält ab einem Gegenstandswert von 4.000,01 EUR nur verminderte Gebühren. Im Gegenzug kann er berechtigt sein, die Differenz zu den Wahlanwaltsgebühren, also den regulären Kosten nach dem RVG, erstattet zu verlangen (vgl. Rdn 174).
Nicht zu den erstattungspflichtigen Kosten gehören die Kosten der anderen Partei, soweit der PKH-berechtigte Mandant unterliegt. Dies stellt wohl den größten Unterschied zur Rechtsschutzversicherung dar. Auch hinsichtlich der Fahrtkosten bestehen erhebliche Einschränkungen.
Rz. 138
Prozesskostenhilfe kann für jede Form des gerichtlichen Verfahrens gewährt werden. Die gesetzlichen Regelungen finden sich im Wesentlichen in den §§ 114 bis 127 ZPO und §§ 45 bis 59a RVG. Sie wird für Klageverfahren einschließlich Beweissicherungsverfahren, Urkunds- und Wechselprozesse und auch für das gerichtliche Mahnverfahren gewährt. Ebenso kann die Prozesskostenhilfe für jede Instanz gewährt werden; § 119 Abs. 1 ZPO. Beantragt der Obsiegende einer Instanz Prozesskostenhilfe gegen das Rechtsmittel des Unterliegenden, beschränkt sich die Prüfung im PKH-Bewilligungsverfahren auf das Vorliegen der wirtschaftlichen Voraussetzungen.
Die Beantragung und Bewilligung hat dabei für jedes Verfahren und jede Instanz gesondert zu erfolgen. Für die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels kann keine Prozesskostenhilfe gewährt werden. Hier wird auf die Gewährung von Beratungshilfe verwiesen.
Ausgeschlossen ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch für das Prozesskostenbewilligungsverfahren selbst.
Rz. 139
Auch für Maßnahmen der Zwangsvollstreckung kann Prozesskostenhilfe gewährt werden; § 119 Abs. 2 ZPO. Bei der Prüfung der anwaltlichen Tätigkeit werden oft höhere Anforderungen an die Erforderlichkeit der anwaltlichen Vertretung gestellt. Meist wird die Ansicht vertreten, der Rechtssuchende könne die Anträge auf Vornahme der Vollstreckungsmaßnahmen selbst ausfüllen und einreichen. Die Meinung wurde wahrscheinlich von Juristen entwickelt, die diese Anträge noch nie ausgefüllt haben.
Rz. 140
Prozesskostenhilfeberechtigt können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Bei juristischen Personen stellt die Gewährung eher die Ausnahme dar. Die Voraussetzungen sind in § 116 ZPO geregelt.
Rz. 141
Voraussetzungen der Gewährung der Prozesskostenhilfe sind nach § 114 ZPO:
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Die beantragende Partei kann nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen. |
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Der Prozess bietet nach summarischer Prüfung hinreichende Erfolgsaussichten. |
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Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist nicht mutwillig. |
Weiterhin sind ein Antrag auf Gewährung der Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwaltes zu stellen sowie Auskunft über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu geben.
II. Pflichten im Mandatsverhältnis bei PKH
Rz. 142
Nach § 48 BRAO ist der Rechtsanwalt zur Übernahme von Mandaten im Rahmen der Prozesskostenhilfe verpflichtet. Die Pflicht beginnt allerdings erst mit der Beiordnung nach § 121 ZPO. Sie endet mit Erledigung des Mandates in dem Umfang, in dem die Prozesskostenhilfe gewährt worden ist. In Ausnahmefällen kann der Rechtsanwalt auch von der Beiordnung entpflichtet werden. Hierfür muss ein wichtiger Grund vorliegen.
Rz. 143
Bereits bei den ersten Anzeichen, dass ein Mandant für einen Prozess berechtigt sein könnte, Prozesskostenhilfe zu erhalten, ist der Rechtsanwalt verpflichtet, den Mandanten über die Möglichkeit des Erhalts von Prozesskostenhilfe und deren Wirkungen vollständig aufzuklären; § 16 BORA. Die unterlassene Aufklärung stellt als Beratungsfehler einen Grund für Schadensersatzforderungen dar.
Rz. 144
Zu den Aufklärungspflichten gehören:
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hinsichtlich des Umfangs der PKH der Hinweis, dass
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von der PKH die durch die Partei selbst zu tragenden Gerichtskosten und Auslagen für Beweiserhebung, sowie die Rechtsanwaltskosten des eigenen Prozessvertreters erfasst s... | |