Florian Enzensberger, Maximilian Maar
I. Allgemeines
Rz. 41
Bei der Gestaltung einer Verfügung von Todes wegen ist sowohl der Notar als auch der Rechtsanwalt verpflichtet, den Willen der Beteiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite und Bedeutung des Geschäfts zu belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiederzugeben. Für die Notare ergibt sich dies aus § 17 Abs. BeurkG. Beim Rechtsanwalt resultieren diese Pflichten aus dem zwischen ihm und dem Mandanten abgeschlossenen Beratungsvertrag (Geschäftsbesorgungsvertrag § 675 BGB). Darüber hinaus hat der Anwalt aber zudem "die Interessen seines Auftraggebers im Wege des erteilten Mandats nach jeder Richtung umfassend wahrzunehmen". Die Pflichten des Rechtsanwalts gehen daher über die des Notars hinaus, als er gehalten ist, dem Mandanten sämtliche Lösungsmöglichkeiten zur Erreichung des von ihm vorgegebenen wirtschaftlichen Ziels aufzuzeigen, wo hingegen der Notar im Normalfall erst tätig wird, wenn die Beteiligten einen bestimmten rechtlichen Weg bereits eingeschlagen haben. Der Notar braucht über mittelbare Folgen, insbesondere wirtschaftlicher Art, nur unter besonderen Umständen zu belehren. Eine Belehrungspflicht des Notars über steuerrechtliche Auswirkungen besteht grundsätzlich nicht. Ausnahmsweise kann sich eine Haftung des Notars immer dann ergeben, wenn der Notar, ohne hierzu verpflichtet zu sein, über steuerrechtliche Belange Auskünfte erteilt. Es drängt sich natürlich geradezu die Frage auf, was von einer Verfügung von Todes wegen zu halten ist, die im Hinblick auf steuerrechtliche Auswirkungen nicht überprüft wurde. Dem Mandanten kommt es regelmäßig auf zwei wesentliche Dinge an: Er will Streit unter seinen Erben vermeiden und Steuern sparen! Um diese Ziele zu verwirklichen bzw. den Mandanten nicht noch zusätzlich zu einem Steuerberater oder Rechtsanwalt schicken zu müssen, wird ein gewissenhafter Notar in aller Regel nicht umhin kommen, auch über steuerrechtliche Belange zu belehren.
II. Einzelne Prüfungs- und Belehrungspflichten
1. Pflicht zur Willensermittlung
Rz. 42
Von zentraler Bedeutung ist sowohl für den anwaltlichen Berater als auch den Notar, den wahren Willen des Mandanten zu ermitteln. Die Pflicht zur Willenserforschung obliegt dem Notar persönlich. Er darf diese Pflicht nicht auf andere Personen delegieren. Diese Pflicht soll gewährleisten, dass Wille und Erklärung übereinstimmen und Irrtümer und Zweifel vermieden werden (§ 17 Abs. 1 S. 2 BeurkG).
2. Belehrungspflicht des Notars
Rz. 43
In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, ob der Notar den geschiedenen Erblasser darüber belehren muss, dass der frühere Ehegatte möglicherweise über die gemeinsamen Kinder an dem Nachlass des Erblassers teilhaben kann. Grundsätzlich ist die Belehrungspflicht des Notars über die rechtliche Tragweite und Bedeutung des Geschäfts auf Umstände begrenzt, die für das Zustandekommen einer rechtswirksamen Urkunde erheblich sind (§ 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG). Die weitere Erbfolge nach den letztwillig Bedachten stellt lediglich eine mittelbare rechtliche Folge der Verfügung von Todes wegen dar und hat somit keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Testaments. Folglich ist der Notar nicht verpflichtet, diesbezüglich zu belehren.
3. Erweiterte Belehrungspflicht des Notars
Rz. 44
Eine erweiterte Belehrungspflicht des Notars folgt allerdings aus der allgemeinen Betreuungspflicht, die dem Notar als Amtsträger der vorsorgenden Rechtspflege obliegt. Hiernach ist der Notar verpflichtet, den Mandanten vor nicht bedachten Folgen seiner Erklärungen zu bewahren bzw. hierüber aufzuklären. Diese Pflicht verstärkt sich immer dann, wenn sich dem Notar aufdrängen muss, dass dem Mandanten aus einer bestimmten Sach- und Rechtslage Schaden droht. Ein geschiedener Erblasser wird sich regelmäßig nicht der Gefahr der Teilhabe seines früheren Ehegatten am Nachlass über die gemeinsamen Kinder bewusst sein. Folglich hat der Notar in derartigen Fällen jeweils über die weitere Erbfolge nach den Bedachten aufzuklären.
4. Grundsatz des sichersten Weges
Rz. 45
Darüber hinaus wird verlangt, dass der Notar, als Ausfluss der allgemeinen Betreuungspflicht, auch erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zum langfristigen Ausschluss bestimmter Personen von der Teilhabe am Nachlass aufzeigt und darstellt. Hierbei ist der Grundsatz des "sichersten Weges" zu beachten. Bestehen mehrere Gestaltungsmöglichkeiten, so muss der Notar für die Beteiligten den sichersten Weg mit den geringsten rechtlichen Risiken aufzeigen. Oberstes Gebot ist es, Auslegungsstreitigkeiten, rechtlich zweifelhafte Regelungen und hieraus entstehende Gerichtsverfahren zu vermeiden. Stets ist dem sicheren Weg auch der Vorrang vor einer eventuellen Kostenersparnis einzuräumen. Der BGH...