Rz. 3

Zu Beginn der Mandatsaufnahme sollte der Berater zunächst immer einen Familienstammbaum erstellen. Der Stammbaum versetzt den Berater in jeder Phase des Mandats in die Lage, einen schnellen Überblick über die am Verfahren beteiligten Personen zu gewinnen. Zudem können die Erbquoten und Pflichtteilsquoten aus dem Stammbaum heraus schneller ermittelt werden. Dies gilt umso mehr bei Patchworkfamilien, da gerade dort die persönlichen Verhältnisse unübersichtlich sein können.

 

Rz. 4

Egal um welche am Verfahren beteiligten Personen es sich handelt (Erben, Pflichtteilsberechtigte, Vermächtnisnehmer, Auflagenbegünstigte), stets sollte wenigstens Name, Vorname, Geburtsname, Geburtsdatum, Geburtsort und der derzeitige Wohnsitz erfasst werden.

 

Rz. 5

Ebenso wichtig ist auch die Feststellung der Güterstände. In zivilrechtlicher Hinsicht haben diese erheblichen Einfluss auf die Höhe der Erbquote. Aber auch steuerlich kann der Güterstand Auswirkungen haben (§ 5 ErbStG).

 

Rz. 6

Abschließend ist auch immer die Frage der Staatsangehörigkeit zu klären, weil sich das Erbrechtsstatut nach der Staatsangehörigkeit richtet (Art. 25 EGBGB) und auch das Güterrechtsstatut der Staatsangehörigkeit folgt (Art. 14, 15 EGBGB). Auch wenn die Staatsangehörigkeit klar erscheint, so sollte dennoch immer genau danach gefragt werden, um später unliebsame Überraschungen zu vermeiden.

 

Rz. 7

Zu beachten ist hierbei, dass die EuErbVO für alle ab 17.8.2015 eingetretenen Erbfälle gilt. Die internationale Zuständigkeit für erbrechtliche Streitigkeiten wird gem. Art. 4 EuErbVO den Gerichten des Staates zugewiesen, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Diese Zuständigkeit ist grundsätzlich ausschließlich. Allenfalls dann, wenn der Erblasser die Erbfolge durch Rechtswahl gem. Art. 22 EuErbVO seinem Heimatrecht unterstellt hatte, ergeben sich Möglichkeiten, die Sache gem. Art. 7 EuErbVO an die Gerichte des Heimatstaates zu verweisen. Die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Wohnsitzstaates kann beispielsweise dann, wenn der Erblasser im Ausland verstorben ist, seine Familienangehörigen und sein Nachlass sich jedoch im Heimatstaat befinden (z.B. der "Mallorca-Rentner"), zu unangenehmen Folgen für die Hinterbliebenen führen, weil im Ausland möglicherweise kein effektiver Rechtsschutz zur Verfügung steht und/oder mit der Rechtsdurchsetzung ein hoher Kosten- und Zeitaufwand verbunden ist.

 

Rz. 8

Gemäß Art. 21 EuErbVO wird das auf die Erbfolge anwendbare Recht an den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers angeknüpft. Dieses Recht gilt nicht nur für die Erbfolge an sich, also die gesetzliche Erbfolge, die Wirkungen einer testamentarischen Verfügung und die Pflichtteilsrechte. Auch die Wirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen unterliegt dem am gewöhnlichen Aufenthalt geltenden Recht, wobei aber in Art. 24, 25 EuErbVO eine Vorverlegung des Anknüpfungszeitpunkts auf den Tag der Errichtung der Verfügung bzw. des Abschlusses des Erbvertrages angeordnet ist. So kann sich die anschließende Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts in einen anderen Staat auf die Wirksamkeit und Bindungswirkung der Verfügung nicht mehr auswirken.[2]

 

Rz. 9

Es wurden immer wieder Bedenken gegen die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt vorgebracht, weil der einfache Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts zu einer Unwägbarkeit führt, die für die Beteiligten extreme Auswirkungen haben kann. Zudem wurden auch Unsicherheiten im Zusammenhang mit der rechtlichen Unbestimmtheit des Begriffs geäußert. Teilweise wurde gefordert, in die Verordnung eine Definition des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts aufzunehmen.

Der Rat und das Europäische Parlament haben auf diese Bedenken reagiert. So soll bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts die mit der Erbsache befasste Behörde eine langfristige Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt seines Todes vornehmen, indem alle relevanten Tatsachen berücksichtigt werden, insbesondere die Dauer und die Regelmäßigkeit des Aufenthalts des Erblassers in dem betreffenden Staat sowie die damit zusammenhängenden Umstände und Gründe. Der so bestimmte gewöhnliche Aufenthalt sollte unter Berücksichtigung der spezifischen Ziele dieser Verordnung eine besonders enge und feste Bindung zu dem betreffenden Staat erkennen lassen.

 

Rz. 10

Hieraus und aus der neueren Rechtsprechung des EuGH[3] folgt, dass der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts im Rahmen der EuErbVO "erbrechtsspezifisch" auszulegen ist, so dass durch Betonung der langfristigen Perspektive eine gewisse Stabilität gewährleistet ist.

So hat das Kammergericht Berlin in diesem Kontext mit Beschl. v. 26.4.2016 zu einem "Grenzpendler" Folgendes festgestellt: "Zur Bestimmung des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsortes sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Eingliederung der Familie des Erblassers (sic!) in den Mitgliedsstaat gem. der Erwägungsgründe 23 und 24 der EUErbVO. Auf Grundlage diese...

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