I. Nachfolge als Risiko für den Bestand des Unternehmens
Rz. 23
Die Unternehmensnachfolge erweist sich in der Praxis als eine äußerst kritische Situation im Lebenszyklus von Familienunternehmen. Wenn auch die Übergabe von der ersten in die zweite Unternehmergeneration noch vergleichsweise häufig gelingt, nimmt die Erfolgswahrscheinlichkeit mit zunehmender Anzahl der Nachfolgegenerationen ab. Während der Übergang von der ersten (der Gründer-)Generation in die zweite noch in 30 % der Fälle gelingt, schaffen nur noch ca. 10 % der Betroffenen die Übergabe von der zweiten an die dritte Generation. Auch der Volksmund kennt das Phänomen: "Der Vater erstellt’s, der Sohn erhält’s, dem Enkel zerfällt’s."
Rz. 24
Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Sie reichen von zunehmender Entfremdung vom Unternehmen (aber auch innerhalb der Familie) über wirtschaftliche Schwierigkeiten, den Mangel an geeigneten Nachfolgern bis zu juristischen und /oder steuerlichen Fallstricken. Im Übrigen darf nicht übersehen werden, dass mit zunehmender Zahl der Beteiligten auch die Zahl der zu berücksichtigenden Interessen steigt und für die Unternehmensnachfolge entweder berücksichtigt oder – dann aber nach übereinstimmendem Willen aller (vgl. § 21) – bewusst ausgeklammert werden müssen (vgl. § 22).
II. Nachfolge als Risiko für das Familienvermögen
Rz. 25
Oftmals ist im Unternehmen der wesentliche Teil des Vermögens der Unternehmerfamilie gebunden. Dies führt gerade bei kleineren Unternehmen dazu, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten im Unternehmensbereich sich unmittelbar auf den Wohlstand und den Lebensstandard der Unternehmerfamilie auswirken. Ein Scheitern der Unternehmensnachfolge ist daher für die Familie mitunter sogar existenzbedrohend. Hinzu kommt oft, dass das in der Familie insgesamt vorhandene Vermögen nicht ausreicht, eine wirtschaftliche Gleichbehandlung sämtlicher gesetzlicher Erben zu gewährleisten und hierdurch die Unternehmensnachfolge zusätzlich erschwert wird.
Rz. 26
Auch wenn bei Familien, denen größere oder auch große (Umsatz über 50 Mio. EUR p.a.) Unternehmen gehören, die Wahrscheinlichkeit, dass eine gescheiterte Unternehmensnachfolge die wirtschaftliche Existenz der Familie gefährdet, tendenziell sinkt, bildet das Unternehmen auch hier zumeist einen wesentlichen Teil des Gesamtvermögens. Das Thema der Nachfolge ist daher auch für solche Familien von immenser wirtschaftlicher Bedeutung, insbesondere dann, wenn – wie häufig – die Erträge des Unternehmens einen größeren Gesellschafterkreis (in nicht unwesentlichem Umfang) versorgen (müssen).
Rz. 27
Vor diesem Hintergrund ist es – grundsätzlich unabhängig von der Unternehmensgröße – auch für die nicht in die Unternehmerstellung/operative Verantwortung nachrückenden Familienmitglieder von großem Interesse, wie sich die Unternehmensnachfolge gestaltet und dass das Unternehmen als wirtschaftliche Grundlage des Familienvermögens erhalten bleibt. Dies gilt in besonderer Weise natürlich auch für den abgebenden Unternehmer, der sich – gerade bei kleineren Unternehmen – oftmals aus den Erträgen des Unternehmens zu bestreitende Versorgungsleistungen oder Nießbrauchsrechte vorbehält.