Rz. 98
Grundsätzlich ist der erteilte Auftrag dafür entscheidend, welche Gebühren anfallen (z.B. Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG oder vorzeitige Beendigung bei Verfahrensauftrag Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG). Die Frage nach dem erteilten Auftrag ist daher für den Ansatz der richtigen Gebühr maßgeblich. Notwendig ist darüber hinaus die Unterscheidung zwischen Angelegenheit und Gegenstand sowie zwischen einer und mehreren Angelegenheiten, um eine korrekte Abrechnung vornehmen zu können. Die Definition bereitet in der Praxis manchmal Schwierigkeiten; gerade im Familienrecht. Aus diesem Grund ist diesem wichtigen Thema in § 5 Rdn 1 ff. in diesem Werk ein eigener Abschnitt gewidmet.
Rz. 99
Praxistipp
Es ist zu empfehlen, dass der Anwalt den erteilten Auftrag schriftlich bzw. in Textform festhält, und zwar durch Vermerk in der Akte (so dass er sich bei einer Vielzahl von Mandaten auch später ohne Schwierigkeiten an die "Richtung der Auftragserteilung" erinnern kann), aber auch gegenüber dem Mandanten. Das kann in wenigen freundlichen Worten geschehen, so z.B.: "… komme ich zurück auf unsere Besprechung vom …, in der Sie darum baten …. Entsprechend Ihrer Bitte habe ich nunmehr …. Zu gegebener Zeit komme ich auf die Angelegenheit zurück."
Dabei kann dann auch zeitgleich nochmals festgehalten werden, dass sich die Vergütung nach dem Gegenstandswert richtet, siehe § 49b Abs. 5 BRAO sowie die Ausführungen in § 3 Rdn 3 ff. in diesem Werk:
"Ich hatte Sie bereits in unserem Gespräch vor Auftragserteilung darauf hingewiesen, dass sich in Ihrem Fall die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten."
Rz. 100
Viele Vergütungsansprüche lassen sich oft nicht durchsetzen, weil es an einer Konkretisierung des erteilten Auftrags mangelt. Eine weitere "Gefahrenquelle für die Gebühren" stellt die Frage nach der richtigen Gebühr dar. Ist der RA z.B. mit der "außergerichtlichen Vertretung gegenüber …" beauftragt worden, so kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass Nr. 2300 VV RVG (Geschäftsgebühr) einschlägig ist.
Rz. 101
Handelt es sich jedoch um eine reine Ratserteilung, die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, regelt § 34 RVG, dass der Rechtsanwalt auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken soll (vgl. dazu § 4 Rdn 6 sowie § 5 Rdn 69 ff.).
Rz. 102
Praxistipp
Gerade im Familienrecht erleben Rechtsanwälte häufig eine Überraschung, wenn sie – in Erwartung eines Vertretungsmandats und daher ohne Gebührenvereinbarung – mehrmals (z.B., weil fehlende Unterlagen nur zögerlich und verspätet kommen) umfangreiche und mehrfache Unterhaltsberechnungen vornehmen, um dann vom Auftraggeber nach Mitteilung der Unterhaltshöhe zu hören: "Ach so. Na dann … ok, … mehr wollte ich gar nicht wissen. Vielen Dank. Schicken Sie mir doch bitte Ihre Rechnung über diese Erstberatung. Ich hab ja gelesen, das sind nicht mehr als 190,00 EUR."
Rz. 103
Hat der RA dagegen bereits einen unbedingten Verfahrensauftrag (vgl. dazu Vorbem. 3 Abs. 1 VV RVG), kann er auch eine Terminsgebühr verdienen (z.B. neben einer 0,8 Verfahrensgebühr Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG für die vorzeitige Beendigung). Bei einer außergerichtlichen Vertretung ohne Verfahrensauftrag oder aber auch bei nur bedingtem Verfahrensauftrag ("erst mal außergerichtlich, wenn das nicht klappt, dann gerichtlich…") ist dies nicht möglich. Da bleibt es bei einer Geschäftsgebühr mit einem Satzrahmen von 0,5 bis 2,5 nach Nr. 2300 VV RVG. Über 1,3 kann der RA nach der Anmerkung jedoch nur fordern, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war, dazu jedoch später mehr (siehe § 5 Rdn 158, 165 ff. und 177 ff.).
Rz. 104
Zur Auftragserteilung betreffend Scheidungsvereinbarungen (notariell beurkundet, gerichtlich protokolliert, außergerichtlich ausgehandelt etc.) siehe § 5 Rdn 624 ff.