Rz. 74

§ 71 Abs. 1 GKG und § 63 Abs. 1 FamGKG regeln die Übergangsvorschriften für die Streit-/Verfahrenswerte und insbesondere § 63 Abs. 1 FamGKG ist in Familiensachen von besonderer Bedeutung. Danach wird für die Frage, ob neues Recht für die Berechnung der Gerichtskosten anwendbar ist, einheitlich darauf abgestellt, wann ein Verfahren anhängig gemacht wurde bzw. ein Rechtsmittel eingelegt wurde. Im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) findet sich in § 136 eine spezielle Übergangsvorschrift zum Inkrafttreten des 2. KostRMoG; § 136 Abs. 1 GNotKG stellt ebenfalls darauf ab, wann ein Verfahren anhängig gemacht bzw. eingeleitet wurde. Ist dies vor dem 1.8.2013 geschehen, sind die Vorschriften der Kostenordnung (KostO), die zum 1.8.2013 aufgehoben wurde, weiterhin anzuwenden. Änderungen nach dem KostRÄG 2021 werden mit der Übergangsvorschrift des § 134 GNotKG behandelt. Stichtag ist für gerichtliche Verfahren auch hier die Einreichung (Anhängigmachung) bzw. Einleitung eines Verfahrens. Sofern dies vor dem 1.1.2021 erfolgt ist, gilt das GNotKG in der bis 31.12.2020 geltenden Fassung; für Rechtsmittel kommt es auf die Einlegung an, siehe dazu § 134 Abs. 1 S. 2 GNotKG.

 

Rz. 75

 

Hinweis

Da es im Bereich der Wertberechnung in §§ 44 u. 45 FamGKG (Kindschaftssachen im Verbund bzw. isoliert) zum 1.1.2021 zu einer Anhebung der dort geregelten Werte von 3.000,00 EUR auf 4.000,00 EUR kam, kann sich für (wohl eher seltene) Ausnahmefälle ein Auseinanderfallen von Verfahrenswert und Gegenstandswert ergeben.

 

Rz. 76

 

Beispiel

Rechtsanwalt R erhält Ende Dezember 2020 den unbedingten Auftrag, einen isolierten Sorgerechts-Antrag einzureichen. Der Antrag wird vorbereitet und nach Rücksprache mit der Mandantin Anfang Januar 2021 beim Familiengericht eingereicht.

Die Vergütung des Rechtsanwalt R richtet sich gem. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG nach dem bis zum 31.12.2020 geltenden Recht.

Als Gegenstandswert ist Rechtsanwalt R verpflichtet, aus einem Wert i.H.v. 3.000,00 EUR abzurechnen, da § 45 Abs. 1 S. 1 FamGKG für ihn noch in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung zur Anwendung kommt, § 60 Abs. 1 S. 6 RVG.

Das Gericht wird gem. § 63 FamGKG als Verfahrenswert für die Gerichtskosten den Wert nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG in der seit dem 1.1.2021 geltenden Fassung festsetzen; somit voraussichtlich auf 4.000,00 EUR. Dieser Wert gilt aber ausnahmsweise gem. § 32 Abs. 1 RVG nicht für die Anwaltsvergütung, da § 60 Abs. 1 S. 6 RVG als Spezialvorschrift vorgeht.

Umgekehrt gilt das Gleiche: Läuft ein Verfahren bereits seit 2020 und steigt ein Anwalt als neuer anwaltlicher Vertreter mit entsprechender Auftragserteilung ab 1.1.2021 erst in das Verfahren ein, gilt für den Verfahrenswert 3.000,00 EUR; für diesen Anwalt jedoch wegen der Verweisungsvorschrift § 23 Abs. 1 S. 1 RVG sowie § 60 Abs. 1 S. 1 u. 6 RVG ein Wert von 4.000,00 EUR, den er gem. § 33 RVG in dieser Höhe auch zur Festsetzung beantragen kann.[27]

Hinweis: Beachten Sie in den Fällen der Wertfestsetzung für die Anwaltsvergütung gem. § 33 Abs. 3 S. 3 RVG die dort geregelte Beschwerdefrist von 2 Wochen.

[27] AG Starnberg, Beschl. v. 10.2.2021 – 3 F 930/20, BeckRS 2021, 1395.

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