Rz. 105
Die Nachlassverwaltung nach § 1975 BGB ist begrifflich "eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger". Faktisch handelt es sich um ein insolvenzähnliches Verfahren (vgl. § 1984 BGB). Der Nachlassverwalter führt ein Amt zur Verwaltung fremden Vermögens. Sie ist nur wenig verbreitet. Wesentlicher Grund und Folge der Beantragung der Nachlassverwaltung ist die Beschränkung der Erbenhaftung. In den meisten Fällen, in denen der Erbe das Erfordernis der Beschränkung der Erbenhaftung sieht, kommt es allerdings häufig sofort zu einem Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens. Wurde zunächst Antrag auf Anordnung der Nachlassverwaltung gestellt, münden derartige Verfahren regelmäßig in das Nachlassinsolvenzverfahren, da der Nachlassverwalter im Rahmen seiner Ermittlungen die Überschuldung des Nachlasses feststellt und in diesem Fall nach § 1985 Abs. 2 i.V.m. § 1980 BGB zur Stellung eines Nachlassinsolvenzantrags verpflichtet ist. Den Nachlassverwalter trifft dabei sicherlich eine erhöhte Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Prüfung der Zulänglichkeit der vorhandenen Nachlassmasse, bei deren Verletzung er nach § 1980 BGB den Nachlassgläubigern zum Schadensersatz verpflichtet ist. Zahlungen an Nachlassgläubiger sind ihm daher erst nach sorgfältiger Zulänglichkeitsprüfung gestattet.
Rz. 106
Nach § 1987 BGB steht dem Nachlassverwalter für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung zu. Die Regelung ist hinsichtlich Grund und Höhe der Vergütung abschließend. Literatur und Rechtsprechung streiten allerdings über die zur Bestimmung der Vergütungshöhe anzuwendenden Norm. Die überwiegende Ansicht befürwortete hier eine analoge Anwendung des § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. und somit die Abrechnung nach Zeitaufwand und Stundensätzen. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts und dem Wegfall des § 1915 BGB a.F. ist es nun fraglich, welche Norm als Leitlinie bzw. Orientierung heranzuziehen ist. Hier könnte nun § 1888 BGB herangezogen werden, der die Vorschriften des Betreuungsrechts auf sonstige Pflegschaften für entsprechend anwendbar erklärt, soweit sich aus dem Gesetz nicht ein anderes ergibt. Nach § 1888 Abs. 2 S. 2 BGB bemisst sich die Höhe des Stundensatzes nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte (zur Höhe vgl. Rdn 100), was insoweit der Regelung des § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. entspricht.
Rz. 107
Im Fall der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens haben derartige Vergütungsansprüche zwar den Rang einer Masseverbindlichkeit nach § 324 Abs. 1 Nr. 4, 6 InsO, jedoch ist bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Nachlassinsolvenzverwalter der Vergütungsanspruch des Nachlassverwalters nicht mehr als gesichert anzusehen. Gleiches gilt selbstverständlich in den Fällen der Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse, § 26 InsO. Soweit daher aus dem Nachlass keine Befriedigung der Vergütung zu erlangen ist, wird auch in der Nachlassverwaltung als besondere Form der Nachlasspflegschaft der Rechtsanwalt auf die Erstattung seiner Vergütung aus der Staatskasse angewiesen sein. Soweit dann der Erstattungsanspruch durch entsprechende Anwendung von § 1888 Abs. 2 S. 1 BGB, § 3 VBVG maximal 39 EUR zzgl. Auslagen und ggf. Umsatzsteuer beträgt, dürfte man dies gerade bei den Tätigkeiten als Nachlassverwalter sicherlich nicht mehr als angemessene Vergütung ansehen können. Daher sollte in Fällen, in denen das Vorhandensein von ausreichender Nachlassmasse nicht sichergestellt ist, ggf. das Gericht darauf hingewiesen werden, dass ggf. die Einzahlung eines ausreichenden Kostenvorschusses zur Deckung der Kosten der Nachlassverwaltung den antragstellenden Erben auferlegt wird, anderenfalls nach § 1982 BGB die Anordnung der Nachlassverwaltung mangels Masse abzulehnen ist.