Rz. 36

In erbrechtlichen Mandaten, in denen ein Erbfall vorliegt, bedarf es der genauen Ermittlung des Standes eines ggf. bereits anhängigen Nachlassverfahrens bzw. genauer Kenntnisse zum Zeitpunkt des Erbfalls, Zeitpunkt der Eröffnung von testamentarischen Verfügungen, einschließlich etwaiger bereits ergangener Beschlüsse (z.B. nach § 352 Abs. 2 FamFG). Unter Vorlage einer auf den Rechtsanwalt ausgestellten Vollmacht empfiehlt es sich dabei, umgehend nach Annahme des Mandats zur weiteren Sachverhaltsaufklärung Akteneinsicht in die Nachlassakten zu beantragen. Aus § 13 FamFG ergibt sich ein uneingeschränktes Akteneinsichtsrecht für Beteiligte i.S.v. § 7 FamFG, außer es stehen schwerwiegende Interessen anderer Beteiligter entgegen, § 13 Abs. 1 FamFG. Für Dritte ist ein berechtigtes Interesse glaubhaft zu machen, § 13 Abs. 2 FamFG. Zu beachten ist ferner, dass zwar nunmehr in § 13 Abs. 4 FamFG eine Regelung zur Überlassung der Akten in die Geschäftsräume des Rechtsanwaltes vorhanden ist, allerdings ausdrücklich geregelt ist, dass ein Recht zur Überlassung nicht besteht. In Nachlassverfahren sind die Gerichte schon wegen der häufig in den Akten befindlichen Originaltestamenten äußerst zurückhaltend mit der Überlassung von Akten in die Kanzleiräumlichkeiten. Allerdings kann der Rechtsanwalt gegen entsprechende Kostenübernahme auch die Anfertigung von Abschriften aus der Nachlassakte verlangen, § 13 Abs. 3 FamFG.

 

Rz. 37

Die genauen Sachverhaltsermittlungen dienen dabei neben den inhaltlich für die Beratung bzw. Interessenvertretung des Mandanten erforderlichen Kenntnissen, insb. auch der Überprüfung etwaiger drohender Fristabläufe.

 

Rz. 38

Ohne im Folgenden eine vollständige Auflistung sämtlicher maßgeblicher Fristen vorzunehmen, sollen die nachfolgend erwähnten Fristen die Notwendigkeit dahingehender Ermittlungen verdeutlichen.

 

Praxishinweis

Kenntnisse über den Erbfall bzw. die Mitteilung einer Eröffnungsniederschrift nebst Testamentsabschrift bspw. für die genaue Prüfung folgender Fristen sind erforderlich:

Ausschlagungsfrist nach § 1944 BGB;
Anfechtung der Annahme/Ausschlagung der Erbschaft nach § 1954 BGB;
Anfechtung eines Testaments bzw. Erbvertrags nach § 2082 BGB bzw. § 2283 BGB;
Pflichtteilsverjährungsfrist nach § 2332 BGB;
Verjährung des Zugewinnausgleichs nach § 1378 Abs. 4 BGB.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge