I. Allgemeines
Rz. 84
Die Bearbeitung einer größeren Anzahl erbrechtlicher Mandate durch einen Rechtsanwalt hat nicht selten zur Folge, dass er auch mit vermögensverwaltenden Tätigkeiten aus dem Bereich des Erbrechts in Berührung kommt, d.h. ihm die Funktion eines Vermögensverwalters in Form eines Testamentsvollstreckers, Nachlasspflegers oder Nachlassverwalters übertragen wird. Die Vergütung eines berufsmäßigen Nachlasspflegers oder Nachlassverwalters richtet sich bei einem Nachlasses, der vermögend und nicht mittellos ist, abweichend von § 3 Abs. 1–3 BVBG nach den für die zu führenden Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte, § 1888 Abs. 2 S. 2 BGB. Der Stundensatz ist nicht gesetzlich festgelegt und bewegt sich nach der Rechtsprechung um 100 EUR. Die Festsetzung der Höhe der Vergütung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts. Auch wenn sich dennoch angesichts dieser Tarife die berechtigte Frage stellen lässt, ob derartige "Mandate" als wirtschaftlich lukrativ anzusehen sind, so sind sie sicherlich geeignet, die erbrechtliche Kompetenz des "Erbrechtsfachanwalts" herauszustellen bzw. zu dokumentieren. Ferner fördert die Bearbeitung solcher Mandate auch den Kontakt zum eigenen örtlichen Nachlassgericht. Die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker kann dagegen auch hinsichtlich der daraus resultierenden Vergütungsansprüche durchaus interessant sein, auch wenn das Amt des Testamentsvollstreckers nicht selten mit erheblichem Arbeitsaufwand wie auch großem Konfliktpotential verbunden sein kann.
II. Einzelne Tätigkeiten
1. Testamentsvollstrecker
Rz. 85
Der Testamentsvollstrecker hat die Stellung eines Treuhänders und ist Inhaber eines privaten Amtes, zu dem er allein durch den Willen des Erblassers berufen ist, auch wenn er von anderer Seite zum Testamentsvollstrecker ernannt worden ist. Der Testamentsvollstrecker übt sein Amt aus eigenem Recht aus und hat eine weitgehend freie Stellung gegenüber den Erben. Auch wenn § 2218 BGB die entsprechende Anwendung von Auftragsvorschriften bestimmt, beruht die Stellung des Testamentsvollstreckers nicht auf einem Auftragsverhältnis. Zwischen Erben und Testamentsvollstrecker besteht vielmehr ein gesetzliches Schuldverhältnis, wobei die Erben anders als bei einem Auftragsverhältnis nicht gegenüber dem Testamentsvollstrecker weisungsbefugt sind.
Rz. 86
Der Testamentsvollstrecker wird daher nicht aufgrund einer Mandatserteilung tätig, sondern aufgrund Ernennung durch den Erblasser (§ 2197 BGB), durch einen Dritten (§§ 2198, 2199 BGB) oder durch das Nachlassgericht (§ 2200 BGB). Das Amt des Testamentsvollstreckers beginnt jedoch dabei nicht bereits mit seiner Ernennung und dem Eintritt des Todesfalls, sondern nach § 2202 BGB erst in dem Zeitpunkt, in welchem der Testamentsvollstrecker die Annahme des Amtes gegenüber dem Nachlassgericht erklärt (§ 2202 Abs. 1 und 2 BGB).
Rz. 87
Praxishinweis
Dabei ist dem Testamentsvollstrecker dringend anzuraten, sich vor der Entscheidung zur Annahme des Amtes so umfassend wie möglich über die auf ihn im konkreten Nachlassfall zukommenden Aufgaben durch Einblick in die Nachlassakte einschließlich der vorhandenen testamentarischen Verfügungen zu informieren.
Rz. 88
Auch die häufig zum Anlass von Streitigkeiten werdende Frage der Höhe der Vergütung des Testamentsvollstreckers verdient hierbei großes Augenmerk, also insbesondere die Klärung, inwieweit durch den Erblasser im Testament Anordnungen zur Vergütung getroffen wurden. Nach § 2221 BGB steht dem Testamentsvollstrecker zwar eine angemessene Vergütung zu, doch gilt dies nur, sofern der Erblasser nichts anderes bestimmt hat und es findet auch keine gerichtliche Überprüfung statt, wenn der Erblasser zur Höhe der Vergütung Regelungen getroffen oder diese sogar ausgeschlossen hat. Dem Ernannten ist daher anzuraten, vor Annahme des Amtes, hierüber eine Klärung durch Abschluss einer Vereinbarung über die Vergütung herbeizuführen.
Rz. 89
Nach Annahme des Amtes des Testamentsvollstreckers obliegt dem Testamentsvollstrecker die Verpflichtung, den Nachlass in Besitz zu nehmen und zu verwalten, § 2205 BGB. Ferner hat er den Erben unverzüglich ein Nachlassverzeichnis mitzuteilen und ihnen bei der Aufnahme eines Inventars (§ 1993 BGB) erforderliche Beihilfe zu leis...