Rz. 71
Regelmäßig wird der Anwaltsvertrag durch Erledigung des Auftrags, d.h. durch die Erreichung des Vertragszwecks beendet. "Auftrag" wird dabei i.S.e. "Angelegenheit" verstanden, d.h. es ist kein Auftrag gemeint, der mehrere separate Angelegenheiten umfasst. Die Relevanz dieser Unterscheidung zeigt sich etwa bei der Durchsetzung von Gebührenansprüchen im Fall der Insolvenz des Mandanten. Grds. ist der Auftrag erledigt, wenn von dem Rechtsanwalt keine weiteren Handlungen in Erfüllung des Auftrags mehr zu erwarten sind. Der Rechtsanwalt selbst muss seinen Auftrag als erfüllt ansehen. Im Normalfall bringt der Rechtsanwalt ggü. dem Mandanten mit der Übersendung der (Schluss-)Rechnung zum Ausdruck, dass er den Auftrag als erledigt ansieht. Im Einzelfall sind Art und Form der Kostenrechnung zu berücksichtigen. Aus der vorbehaltlosen Zahlung des Mandanten kann gefolgert werden, dass dieser die Rechnung auch so verstanden hat. Nicht ausreichend ist die bloß faktische Beendigung des Mandats, wenn sowohl der Rechtsanwalt als auch der Auftraggeber untätig bleiben, ohne dass eine Partei den Anwaltsvertrag gekündigt hat und ohne dass der Vertragszweck erreicht worden ist oder nicht mehr erreicht werden kann. Das soll auch gelten, wenn der Rechtsanwalt seine Tätigkeit einstellt, nachdem der Mandant einen angeforderten Vorschuss nicht gezahlt hat.
Rz. 72
I.Ü. ist derjenige Zeitpunkt, zu dem der einem Rechtsanwalt erteilte, nicht ausdrücklich gekündigte Auftrag endet, den Umständen des Einzelfalls zu entnehmen. Für die Feststellung, ob ein Auftrag erledigt ist, spielt zwangsläufig dessen Inhalt die maßgebende Rolle (zum Inhalt des Anwaltsvertrages vgl. Rdn 56 ff.). Es ist zu prüfen, ob der Rechtsanwalt die vertraglich vereinbarte Leistung erbracht, d.h. die vertraglich vereinbarten Hauptpflichten erfüllt hat. Eine Schlechterfüllung ist demgegenüber für die Beendigung des Auftrags ohne Bedeutung. Auch eine unvollständig erteilte Beratung führt nicht notwendig dazu, dass eine Beendigung des Mandats vor ihrer Vervollständigung nicht eintreten kann, sondern regelmäßig zur Haftung des Rechtsanwalts. Auch auf die Erfüllung vertraglicher Nebenpflichten kommt es für die Beendigung des Auftrags nicht an.
Rz. 73
Um festzustellen, ob ein Anwaltsvertrag beendet ist, ist zwischen der eigentlichen anwaltlichen Leistung und der nur bürotechnischen Abwicklung eines Auftrags, wie etwa der Rückgabe der zur Durchführung des Auftrags überlassenen Schriftstücken u.Ä. zu unterscheiden. Solche abschließenden Arbeiten sind zwar notwendig, betreffen aber nicht mehr die Aufgabe des Rechtsanwalts, Rechtsrat zu gewähren, sondern nur eine Nebenpflicht. Ihre noch ausstehende Erledigung ist deshalb grds. nicht geeignet, die Beendigung des Mandats hinauszuzögern. Auskünfte, die ein Rechtsanwalt erteilt, nachdem er seinem Mandanten ggü. zu erkennen gegeben hat, dass er den Vertrag als erfüllt ansieht, haben keinen Einfluss auf die Beendigung des Vertrags. Dies gilt insb., wenn die Auskünfte auf nachvertraglichen Verpflichtungen des Rechtsanwalts beruhen (vgl. Rdn 227 ff.).
Rz. 74
Bei einem anwaltlichen Werkvertrag endet das Mandatsverhältnis grds. mit der Abnahme, sofern keine besonderen Umstände des Einzelfalls entgegenstehen.
a) Außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts
Rz. 75
Die dem Rechtsanwalt aufgetragenen Handlungen können erledigt sein, wenn eine übernommene Beratung erteilt ist. Ist der Rechtsanwalt beauftragt, den Mandanten außerhalb eines Rechtsstreits bei Vergleichsverhan...