Rz. 248
Wenn ein Anwaltsvertrag nichtig ist, kommen neben Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag auch Bereicherungsansprüche, insb. aus Leistungskondiktion gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB in Betracht. Der Bereicherungsschuldner hat dann i.d.R. die von dem Rechtsanwalt geleisteten Dienste "erlangt". Deren Wert (§ 818 Abs. 2 BGB) richtet sich nach der Höhe der üblichen oder (mangels einer solchen) nach der angemessenen Vergütung.
Kein Anspruch besteht, wenn der Anwaltsvertrag von Anfang an nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 43a Abs. 3 BRAO, § 3 Abs. 1 und 4 BORA nichtig gewesen ist, weil der Anwalt entgegen § 43a Abs. 4 BRAO beide Eheleute in einer Scheidungsangelegenheit beraten hat, was nach § 134 BGB zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrags führt, und der Anwalt vor Beginn der Beratung zudem nicht auf die gebühren- und vertretungsrechtlichen Folgen einer solchen Beratung hingewiesen hat. In einem solchen Fall stehen dem Rechtsanwalt Zahlungsansprüche weder aus Vertrag noch aus §§ 670, 677, 683 BGB noch aus § 812 Abs. 1 BGB zu.
Rz. 249
Bereicherungsansprüchen auf Rückzahlung des auf einen nichtigen Anwaltsvertrag Geleisteten steht aber i.d.R. § 817 Satz 2 BGB entgegen. Danach ist die Rückforderung einer Leistung ausgeschlossen, wenn sowohl der Leistende als auch der Leistungsempfänger gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen haben. Ist ein Anwaltsvertrag gem. § 134 oder § 138 Abs. 1 BGB nichtig, liegt diese Voraussetzung regelmäßig vor. Eine Ausnahme von dieser Regel macht das Gesetz lediglich dann, wenn die Leistung in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden. § 817 Satz 2 BGB setzt voraus, dass die Betroffenen sich des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten bewusst sind. Hierzu reicht es allerdings aus, dass die Parteien die Umstände, aus denen sich der Gesetzesverstoß oder die Sittenwidrigkeit ergibt, kennen. § 817 Satz 2 BGB ist nicht abdingbar und kann nicht umgangen werden, indem der ausgeschlossene Bereicherungsanspruch durch eine andere Forderung ersetzt wird. Die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB ist bei nichtigen Anwaltsverträgen grds. auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen. Auf Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag ist § 817 Satz 2 BGB nicht entsprechend anwendbar.
Ist ein Anwaltsvertrag nichtig, weil der Rechtsanwalt mit dem Abschluss des Vertrags gegen das Verbot verstößt, widerstreitende Interessen zu vertreten, ist ein Bereicherungsanspruch für Leistungen des Rechtsanwalts ausgeschlossen, wenn der Anwalt vorsätzlich gegen das Verbot verstoßen oder sich der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat. Dies hat der BGH in einem Fall entschieden, in dem ein zwischenzeitlich verstorbener Rechtsanwalt mit der Vertretung mehrerer Gesamtschuldner gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen verstoßen hatte. Das Mandat des Rechtsanwalts war nicht auf die Abwehr eines Anspruchs beschränkt, der im gemeinsamen Interesse der Gesamtschuldner hätte liegen können. Vielmehr musste nach den konkreten Umständen des Falles von einem Interessenkonflikt der vertretenen Gesamtschuldner ausgegangen werden. Im Streitfall hatte der Rechtsanwalt in dem zwischen dem Bauherrn und dem Bauunternehmer wegen eines Schadensfalls geführten selbstständigen Beweisverfahren das unbeschränkte Mandat zur Vertretung mehrerer als Streithelfer beigetretener Sonderfachleute übernommen, die teils mit der Planung, teils mit der Bauüberwachung beauftragt wurden.
Rz. 250
Der Mandant hat auch dann einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, wenn er an den Rechtsanwalt ein Erfolgshonorar gezahlt hat. Die ungerechtfertigte Bereicherung bezieht sich allerdings nur auf den Teil des Honorars, der die gesetzlichen Gebühren übersteigt.
Treffen der Anwalt und der Mandat eine Vergütungsvereinbarung, die gegen die Formvorschriften des § 3a Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG oder die Voraussetzungen für den Abschluss einer Erfolgshonorarvereinbarung nach § 4a Abs. 1 und 2 RVG verstößt, ist diese grds. wirksam; aus ihr kann die vereinbarte Vergütung aber nur bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr gefordert werden. Umgekehrt ist die Rückforderung von vereinbartem und gezahltem Anwaltshonorar nach Treu und Glauben nicht ausgeschlossen, wenn bei der Vereinbarung des Honorars die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht eingehalten wurde. Dies gilt auch, wenn der Mandant auf das Verlangen des Rechtsanwalts auf Abschluss einer schriftlichen Honorarvereinbarung anlässlich einer Besprechung erwidert hat, er brauche keine Honorarvereinbarung, für ihn sei die Bezahlung seiner Anwälte eine Sache der Ehre, er habe seine Anwälte immer bezahlt und werde dies auch weiterhin tun. Mit dieser Begründung hat der BGH die Klage auf Rückforderung der über die gesetzlichen Gebühren erbrachten ...