Rz. 502
Haftungsbeschränkungen auf einen Höchstbetrag durch vorformulierte Vertragsbedingungen sind in § 52 Abs. 1 Nr. 2 BRAO geregelt. Hierfür sieht das Gesetz mehrere Einschränkungen ggü. einer Haftungsbeschränkung durch Vereinbarung im Einzelfall vor.
a) Vorformulierte Vertragsbedingungen
Rz. 503
§ 52 Abs. 1 Nr. 2 BRAO erfasst tatbestandlich alle Haftungsbeschränkungen auf einen Höchstbetrag durch vorformulierte Vertragsbedingungen. Die Abgrenzung der Haftungsbeschränkungen durch vorformulierte Vertragsbedingungen von denjenigen durch Vereinbarung im Einzelfall (§ 52 Abs. 1 Nr. 1 BRAO) wurde bereits aufgezeigt (vgl. Rdn 487 ff.).
b) Kein Formerfordernis
Rz. 504
Im Gegensatz zu § 52 Abs. 1 Nr. BRAO bedarf es i.R.d. Nr. 2 keiner Schriftform. Die Vorformulierung ist auch bei einer mündlich vereinbarten Klausel möglich.
c) Einfache Fahrlässigkeit
Rz. 505
Eine Haftungsbeschränkung zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber durch vorformulierte Vertragsbedingungen ist nur für Fälle einfacher Fahrlässigkeit zulässig. Gem. § 52 Abs. 1 Nr. 2 BRAO ist ein ausdrücklicher Hinweis in den Formulartext aufzunehmen, dass die Haftungsbeschränkung für Fälle nur einfacher Fahrlässigkeit gilt. Andernfalls ist die Haftungsbeschränkung von vornherein ungültig. Haftungsbeschränkungen auch für grob fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzungen des Rechtsanwalts sind nur individualvertraglich möglich. Dadurch kommt der Abgrenzung zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit erhebliche Bedeutung zu.
Grobe Fahrlässigkeit ist ein Handeln, bei dem die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden ist und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Die Prüfung, ob ein Verhalten als grob fahrlässig zu bewerten ist, muss von Fall zu Fall erfolgen. Dabei sind auch die subjektiven, in der Individualität des Handelnden begründeten Umstände zu berücksichtigen. Im Gegensatz zu den objektiv zu ermittelnden Sorgfaltsmaßstäben bei der gewöhnlichen Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB) kann es für die grobe Fahrlässigkeit keine für alle Fälle festen Maßstäbe geben. Der Richter hat vielmehr nach freiem, pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob nach der Gesamtlage der Umstände die Sorgfaltsverletzung als besonders schwer erscheint. Da der Anwaltsvertrag häufig sehr von den Einzelheiten des konkreten Lebenssachverhalts geprägt wird, kann derselbe Fehler je nach den Umständen als eine leichte oder grobe Verletzung vertraglicher Pflichten erscheinen.
Rz. 506
Gleichwohl befürchtet der Gesetzgeber keine Probleme bei der Rechtsanwendung, weil der Begriff der groben Fahrlässigkeit bereits in vielen gesetzlichen Regelungen verwendet werde. Die Klärung der Frage, ob etwa in den Fällen einer Fristversäumung von leichter oder grober Fahrlässigkeit auszugehen sei, könne der Rechtsprechung überlassen werden. Entscheidungen zur Anwaltshaftung, die einfache und grobe Fahrlässigkeit abgrenzen, sind jedoch bislang nicht veröffentlich worden. Auch künftig wird es nur schwer möglich sein, aus einzelnen Urteilen allgemeine Grundsätze abzuleiten, um für die erforderliche Rechtssicherheit zu sorgen. Für die Feststellung grober Fahrlässigkeit muss nämlich stets auf die individuellen Umstände des betroffenen Rechtsanwalts abgestellt werden. Die Rechtsprechung zu § 277 BGB oder anderen auf grobe Fahrlässigkeit abstellenden Vorschriften kann für die vom Rechtsanwalt zu beachtenden Sorgfaltsstandards nicht verwertet werden.
Rz. 507
Angesichts der Unsicherheit, wie die Gerichte im Streitfall eine Sorgfaltspflichtverletzung bewerten werden, sind bei einer Haftungsbeschränkung in vorformulierten Vertragsbedingungen Auseinandersetzungen über den Grad der Fahrlässigkeit vorherbestimmt.
Da ohne sachlichen Grund andere Rechtsberater ihre Haftung für jede Art der Fahrlässigkeit durch vorformulierte Vertragsbedingungen beschränken können (§ 67a Abs. 2 StBerG oder § 54a Abs. 2 WPO), sollte aus Gründen der Rechtssicherheit eine Angleichung erfolgen. Erteilt etwa ein Rechtsanwalt nur eine steuerliche Beratung, ist die Wirksamkeit einer Haftungsbeschränkung für "Fahrlässigkeit" fraglich. Deshalb sollte eine solche Haftungsbeschränkung auf einen Höchstbetrag nach Möglichkeit individualvertraglich vereinbart werden.
d) Beschränkung der Haftung auf den 4-fachen Betrag der Mindestversicherungssumme
Rz. 508
In vorformulierten Vertragsbedingungen ist eine Haftungsbeschränkung nur auf den 4-fachen Betrag der Mindestversicherungssumme, also gegenwärtig auf 1 Mio. EUR zulässig. Eine Beschränkung auf einen höheren Betrag ist möglich, wenn insoweit Versicherungsschutz besteht. Wegen des AGB-rechtlichen Transparenzgebots muss der Haftungshöchstbetr...