Rz. 401
Der II. Zivilsenat hat sich mit dieser Rechtsprechung der im Schrifttum entwickelten Akzessorietätstheorie ausdrücklich angeschlossen und die traditionelle Doppelverpflichtungstheorie verworfen, nach der das nach außen auftretende Mitglied einer GbR sowohl im Namen der Gesellschaft als auch der einzelnen Mitglieder handelte. Neben dem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen werden so die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft persönlich rechtsgeschäftlich verpflichtet.
Rz. 402
Der IX. Zivilsenat des BGH (bzw. zuvor der VI. Zivilsenat) hatte in ständiger Rechtsprechung und unter allgemeiner Billigung des Fachschrifttums zur Begründung einer grds. gesamtschuldnerischen Haftung der Mitglieder von Rechtsanwaltssozietäten einen vertragsrechtlichen Ansatz vertreten. Diese Rechtsprechung lag auf der Linie der Doppelverpflichtungstheorie, ohne auf den vorgenannten dogmatischen Streit ausdrücklich eingegangen zu sein. Danach hafteten neben der Sozietät, d.h. dem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen i.S.d. § 718 Abs. 1 BGB, grds. alle nach außen als Mitglieder der Sozietät in Erscheinung tretenden Rechtsanwälte aus dem mit dem Auftraggeber bestehenden Vertrag als Gesamtschuldner persönlich mit ihrem Privatvermögen. Nur in Ausnahmefällen hat die Rechtsprechung ein Einzelmandat angenommen. Vertragspartner der Mandanten waren dann nur ein Mitglied oder einzelne Mitglieder der Sozietät, die allein im Fall einer schuldhaften Pflichtverletzung – neben der Sozietät – zum Schadensersatz verpflichtet waren.
Andere Senate des BGH hatten sich ebenfalls gegen die Rechtsfähigkeit einer GbR ausgesprochen, etwa der I. Zivilsenat, der V. Zivilsenat sowie der XII. Zivilsenat. Andererseits deutete sich die Festlegung des II. Zivilsenats bereits in früheren Entscheidungen an, denen zufolge eine (Außen-)GbR Gesellschafter einer GmbH, Partei eines Schuldverhältnisses, Mitglied einer Genossenschaft, Aktionär einer AG oder Gesellschafter einer anderen GbR sein konnte. Eine GbR als Gesamtheitsgemeinschaft ihrer Gesellschafter sollte als Teilnehmerin am Rechtsverkehr jede Rechtsposition einnehmen können, soweit nicht spezielle rechtliche Gesichtspunkte entgegenstanden.
Rz. 403
Die Geltung der geänderten Rechtsprechung ist auch auf Freiberufler-Sozietäten in der Rechtsform der GbR erstreckt worden. Der in eine Rechtsanwaltssozietät in Form einer GbR eintretende Rechtsanwalt hat für vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeiten der Sozietät grds. auch persönlich und als Gesamtschuldner mit den Altgesellschaftern einzustehen. Dabei wurde vom II. Zivilsenat (wohl mangels Zuständigkeit) zunächst ausdrücklich offengelassen, ob eine Ausnahme für Verbindlichkeiten aus beruflichen Haftungsfällen in Betracht kommen könnte, die eine Sonderstellung einnehmen, wie § 8 Abs. 2 PartGG zeige. Die Rechtsprechung des IX. Zivilsenats zieht eine solche Ausnahme (jedenfalls für deliktische Ansprüche) allerdings nicht in Betracht, weil das in § 128 HGB zum Ausdruck kommende Haftungsprinzip auch auf die berufshaftungsrechtlichen Verbindlichkeiten einer Anwaltssozietät zutreffe.