Rz. 423
Nach § 59a Abs. 2 Nr. 1 BRAO dürfen sich Rechtsanwälte mit ausländischen Anwälten zu einer Sozietät zusammenschließen. Vorausgesetzt wird, dass die ausländischen Anwälte "Angehörige von Rechtsanwaltsberufen aus Staaten, die nach dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland oder gem. § 206 BRAO berechtigt sind, sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes (d.h. der Bundesrepublik Deutschland) niederzulassen und ihre Kanzlei im Ausland unterhalten". Diese komplizierte Definition wird nicht dadurch verständlicher, dass gem. § 206 BRAO ein ausländischer Anwalt nur dann berechtigt ist, sich in Deutschland niederzulassen, "wenn er (…) in die für den Ort seiner Niederlassung zuständige Rechtsanwaltskammer aufgenommen ist". Nach dem Gesetzeswortlaut dürften sich somit deutsche Rechtsanwälte mit ausländischen Anwälten zu einer internationalen Sozietät nur zusammenschließen, wenn alle Anwälte – deutsche und ausländische – in eine deutsche Rechtsanwaltskammer aufgenommen sind. Dies ist bei ausländischen Anwälten, die sich nicht in Deutschland niedergelassen haben und dies auch nicht beabsichtigten, nicht möglich. Ein solches Verständnis der §§ 59a Abs. 2 Nr. 1, 206 BRAO widerspräche der Lebenswirklichkeit. Bereits 1994, als der Gesetzgeber diese Vorschriften in Kraft gesetzt hat, waren internationale Sozietäten zwischen deutschen Rechtsanwälten und ausländischen Anwälten aus EU- und Nicht-EU-Staaten nicht mehr wegzudenken. Weder das Gesetz noch die Gesetzgebungsmaterialien enthalten Anhaltspunkte dafür, dass diese Zusammenschlüsse rückwirkend für unzulässig erklärt werden sollten.
Rz. 424
Das offenkundige Redaktionsversehen des Gesetzgebers in §§ 59a Abs. 2 Nr. 1, 206 BRAO ist durch eine teleologische Reduktion des Gesetzes aufzulösen. Die Zulässigkeit einer internationalen Sozietät deutscher Rechtsanwälte mit ausländischen Anwälten hängt davon ab, ob die ausländischen Anwälte sich in Deutschland niederlassen. Geschieht dies, so müssen diese auch in die zuständige Rechtsanwaltskammer aufgenommen sein. Lassen sich die ausländischen Anwälte nicht in Deutschland nieder, weil sie ihre Kanzlei im Ausland unterhalten, so ist eine internationale Sozietät mit ihnen uneingeschränkt zulässig. Allein diese Auslegung entspricht dem Zweck des Gesetzes, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Anwaltschaft zu stärken.
Rz. 425
Da eine Sozietät zwischen einem deutschen Rechtsanwalt und den insb. in den USA, aber auch in anderen Staaten niedergelassenen Anwälten als solche nicht beanstandet wurde, hat auch der BGH die vorbeschriebene teleologische Reduktion der §§ 59a Abs. 2, 206 BRAO als selbstverständlich vorausgesetzt. Zu den berufsrechtlichen Voraussetzungen einer internationalen Anwaltssozietät wurde ebenso wenig Stellung genommen wie zu den haftungsrechtlichen Auswirkungen.
Rz. 426
Die in der BRD zugelassenen Rechtsanwälte unterliegen den Berufs- und Standesregeln, die in der BRD gelten, also der Rechtsanwaltsordnung und der Berufsordnung. Dies gilt auch für ausländische Rechtsanwälte, sofern sie ihren Rechtsanwaltsberuf ständig in der BRD ausüben wollen.