Rz. 87
§ 627 Abs. 1 BGB schließt das jederzeitige Kündigungsrecht ausnahmsweise aus, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete zu dem Berechtigten in einem dauerhaften Dienstverhältnis mit festen Bezügen steht. Dahinter steht der Gedanke, dass in diesen Ausnahmefällen dem Vertrauen des Dienstverpflichteten auf seine Existenzsicherung Vorrang vor dem Schutz der Entschließungsfreiheit des Dienstberechtigten einzuräumen ist. Der typische Fall eines Rechtsanwalts in einem dauerhaften Dienstverhältnis mit festen Bezügen ist der Syndikusanwalt.
Rz. 88
Regelmäßig steht der beauftragte Rechtsanwalt zu seinem Mandanten nicht in einem dauerhaften Dienstverhältnis mit festen Bezügen. Allerdings ist ein solches dauerhaftes Dienstverhältnis mit festen Bezügen denkbar, wenn dem Rechtsanwalt ein Dauerberatungsmandat erteilt ist. Wann ein Dienstverhältnis als "dauernd" anzusehen ist, muss im Einzelfall nach der Verkehrsanschauung und dem Sprachgebrauch ermittelt werden. Ein dauerndes Dienstverhältnis i.S.d. § 627 Abs. 1 BGB erfordert keine Dienstleistung, welche die Erwerbstätigkeit des Verpflichteten vollständig oder hauptsächlich in Anspruch nimmt. Es setzt auch keine soziale und wirtschaftliche Abhängigkeit voraus. Nach der maßgebenden Verkehrsauffassung ist es kein Kennzeichen oder gar Erfordernis eines dauerhaften Dienstverhältnisses, dass es auf unbestimmte Zeit eingegangen ist. Ein dauerhaftes Dienstverhältnis kann auch vorliegen, wenn der Vertrag auf eine bestimmte längere Zeit geschlossen ist. Für ein dauerhaftes Dienstverhältnis kann eine Vertragslaufzeit von einem Jahr genügen, wenn es sich um eine Verpflichtung für ständige oder langfristige Aufgaben handelt und die Vertragspartner von der Möglichkeit und Zweckmäßigkeit einer Verlängerung ausgehen oder eine solche wenigstens objektiv möglich war. Die Voraussetzung eines dauerhaften Dienstverhältnisses i.S.d. § 627 Abs. 1 BGB ist in anderen Fällen auch bei einer Mindestvertragslaufzeit von 18 Monaten oder von fünf Jahren angenommen worden.
Rz. 89
Der Rechtsanwalt erhält feste Bezüge, wenn er sich darauf verlassen kann, dass ihm auf längere Sicht bestimmte, von vornherein festgelegte Beträge als Honorar zufließen werden. Sie müssen geeignet sein, Grundlage der Existenzplanung des Rechtsanwalts zu sein. Den Gegensatz stellen Entgelte dar, die von außervertraglichen Entwicklungen abhängen, deshalb der Höhe nach schwanken und im ungünstigsten Fall sogar ganz ausfallen können. Sie sind nur insoweit feste Bezüge, als dem Rechtsanwalt ein bestimmtes Mindesteinkommen versprochen ist.