Rz. 404
Der IX. Zivilsenat hat die Grundsätze der Rechtsprechung des II. Zivilsenats seiner eigenen Spruchpraxis zugrunde gelegt. Einer Auslegung des Rechtsanwaltsvertrages zur Begründung eines Gesamtmandates der zu einer Sozietät zusammengeschlossenen Rechtsanwälte bedarf es damit nicht mehr, weil die gesamtschuldnerische Haftung aller Sozietätsmitglieder schon der gesetzlichen Regellage entspricht. Aufgrund der Besonderheiten der Rechtsanwaltshaftung sollte aber nach Maßgabe der bisher schon vom IX. Zivilsenat aufgestellten Regeln je nach Einzelfall durch Auslegung des Rechtsanwaltsvertrages differenziert werden können, um sachgerechte Ergebnisse der bisherigen Rechtsprechung unter Abänderung des Begründungsansatzes beizubehalten. Zwar mag es eine grds. zu stellende Frage sein, ob bei Freiberufler-Sozietäten eine Analogie zu § 8 PartGG näher liegt als eine Analogie zu § 128 HGB. Letztlich wird diese Frage, zu der in der 4. Aufl. dieses Handbuchs noch die Auffassung vertreten wurde, eine Analogie zu § 8 Abs. 2 PartGG werde der Haftung eher gerecht, zu verneinen sein. Die Analogie zu § 128 HGB hat sich durchgesetzt. Eine Einschränkung der Haftung der nicht mit der Sache befassten Sozietätsmitglieder ohne die formale Eintragung als Partnergesellschaft ist nicht angebracht.
aa) Vertragliche Ausgestaltung der gesetzlichen Gesellschafterhaftung
Rz. 405
Das Modell der akzessorischen Gesellschafterhaftung gilt nur vorbehaltlich einer anderweitigen Absprache mit dem Gläubiger. So ist bei Personenhandelsgesellschaften allgemein anerkannt, dass die persönliche Haftung der Gesellschafter gem. § 128 HGB durch vertragliche Vereinbarung mit dem Vertragspartner der Gesellschaft modifiziert, ja sogar auch ganz abbedungen werden kann, was für die gesetzliche Haftung der Gesellschafter einer (Außen-)GbR ausdrücklich bestätigt wurde.
Eine solche Absprache, die die persönliche Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft regelt, könnte dem Vertrag zwischen Auftraggeber und einer Rechtsanwaltssozietät – soweit überhaupt nach § 52 BRAO zulässig – durch Auslegung der wechselseitigen Erklärungen bei Abschluss des Vertrages je nach Einzelfall auch konkludent entnommen werden. Eine derartige Differenzierung der persönlichen Haftung der Sozietätsmitglieder durch konkludente Auslegung des Rechtsanwaltsvertrages zwischen Auftraggeber und Sozietät ließe sich v.a. mit den vom Gesetzgeber vorgegebenen Besonderheiten des Berufsbildes der Rechtsanwälte begründen, würde allerdings auch zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen können.
bb) Keine Analogie zu § 8 Abs. 2 PartGG?
Rz. 406
Die (konkludente) Auslegung des Rechtsanwaltsvertrages wäre zwar entbehrlich, wenn man für die persönliche Haftung der Mitglieder von Rechtsanwaltssozietäten weitergehend eine Analogie zu § 8 PartGG in Betracht zöge. Eine solche Analogie ist aber im Ergebnis nicht angebracht, weil sie zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führte. Gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 PartGG haften für Verbindlichkeiten der Partnerschaft den Gläubigern neben dem Vermögen der Partnerschaft die Partner als Gesamtschuldner. Die §§ 129 und 130 HGB sind entsprechend anzuwenden (§ 8 Abs. 1 Satz 2 PartGG). Wenn allerdings nur einzelne Partner mit der Bearbeitung eines Auftrages befasst waren, sieht § 8 Abs. 2 PartGG eine gesetzliche Haftungskonzentration für berufliche Fehler auf diejenigen Partner vor, die mit der Bearbeitung des jeweiligen Auftrages befasst waren. Untergeordnete Beiträge bei der Bearbeitung eines Auftrags blieben ausgenommen.
Die vom II. Zivilsenat des BGH gezogene Analogie zu den Haftungsregeln der OHG betraf im entschiedenen Fall eine bauwirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft. Bei solchen gewerblichen Gesellschaften bürgerlichen Rechts ist die OHG die vergleichbare gesetzlich typisierte Rechtsform. Auch wenn Freiberuflerzusammenschlüsse gerade keine Gesellschaften sind, "deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes (…) gerichtet ist", wie es in § 105 Abs. 1 HGB heißt, steht dies der entsprechenden Anwendung des § 128 HGB nicht entgegen. § 128 HGB stellt die Zurechnungsnorm für alle Formen der personengesellschaftlichen Z...