Rz. 479
Die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsanwalt mit seinem Auftraggeber Vereinbarungen treffen kann, welche die Haftung wegen fehlerhafter Berufsausübung beschränken, hat der Gesetzgeber 1994 in § 51a BRAO (jetzt: § 52 BRAO) abschließend geregelt. Das Gesetz lässt in drei Fallgruppen Haftungsbeschränkungen auf einen Höchstbetrag und Haftungskonzentrationen auf einzelne Mitglieder einer Sozietät zu. Da für Rechtsanwälte, die sich zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in einer Partnerschaft zusammengeschlossen haben, § 8 Abs. 2 PartGG eine gesetzliche Haftungskonzentration auf die mit der Bearbeitung eines Mandats befassten Partner vorsieht und die Haftung bei Anwalts-GmbH und Anwalts-AG gesellschaftsrechtlich auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt ist, hat für diese Zusammenschlüsse nur die Beschränkung auf einen Höchstbetrag Bedeutung. Daran zeigt sich, dass eine vertragliche Haftungsbeschränkung auf dem gesetzlichen Haftungsregime aufsetzt. Beschränkungen, die sich schon aus dem Gesellschaftsrecht ergeben, erfassen die gesamte Tätigkeit der betreffenden Rechtsanwälte, ohne den zusätzlichen Aufwand einer gesonderten, regelmäßig formbedürftigen und rein mandatsbezogenen vertraglichen Regelung.
Vor dem Inkrafttreten des § 51a BRAO a.F. war die Zulässigkeit vertraglicher Haftungsbeschränkungen zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber im Schrifttum umstritten. Die damaligen Lösungsvorschläge ließen keine einheitliche Linie erkennen. Nach rückschauender Betrachtung des BGH war eine an den seinerzeit geltenden Mindestversicherungssummen ausgerichtete Haftungsbegrenzung für einen auf einfacher Fahrlässigkeit beruhenden Schaden nach dem alten Anwaltsrecht grds. nicht zu beanstanden.
Wenngleich mit der Bestimmung ein klarer gesetzlicher Rahmen für vertragliche Haftungsbeschränkungen gesetzt wurde, besteht hinsichtlich vieler Details immer noch erhebliche Unsicherheit. Veröffentlichte Rechtsprechung findet sich nicht, was darauf hindeutet, dass die entsprechenden Möglichkeiten in der Praxis kaum genutzt werden. Angesichts des unabweisbaren Bedürfnisses nach einer Beschränkung existenzbedrohender Haftungsrisiken, kann daraus auf Schwächen der gesetzlichen Regelung geschlossen werden, sowohl was deren Reichweite als auch die Anforderungen an wirksame Vereinbarungen angeht. Eine Änderung der bestehenden Gesetzeslage wäre deshalb wünschenswert (vgl. Rdn 543).
I. Die Regelung des § 52 BRAO
Rz. 480
§ 52 BRAO hat einen berufsrechtlichen und einen zivilrechtlichen Gehalt. Im Folgenden werden nur die zivilrechtlichen Fragen, d.h. die Haftung des Rechtsanwalts ggü. seinem Auftraggeber und die Möglichkeiten einer vertraglichen Haftungsbeschränkung, näher untersucht. § 52 BRAO entspricht inhaltlich weitgehend § 67a StBerG sowie § 54a WPO. Allerdings können Steuerberater und Wirtschaftsprüfer durch vorformulierte Vertragsbedingungen ihre Haftung auch für grobe Fahrlässigkeit beschränken, was dem Rechtsanwalt versagt ist.
1. Sinn und Zweck
Rz. 481
Die Einführung einer vertraglichen Haftungsbeschränkung ermöglicht es dem Rechtsanwalt, sein hohes, möglicherweise existenzgefährdendes Haftungsrisiko in vertretbaren Grenzen zu halten. Die Regelung soll im Haftungsfall die Interessen des Rechtsanwalts und des Mandanten zu einem angemessenen Ausgleich führen. Durch eine klare gesetzliche Regelung sollen Rechtsanwälte das Haftungsrisiko besser kalkulieren können. Das berechtigte Interesse des Rechtsuchenden, den Rechtsanwalt für berufliches Fehlverhalten in Anspruch nehmen zu können, wird durch die eingeführte Pflicht zum Abschluss und der Aufrechterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung (§ 51 BRAO) gewährleistet. Wirtschaftlicher Schaden, den ein Mandant durch fehlerhafte Berufshandlungen erleide, werde durch eine leistungsfähige Haftpflichtversicherung zuverlässiger ausgeglichen als durch eine unbeschränkte persönliche Haftung des Rechtsanwalts. Handelt es sich damit nach Auffassung des Gesetzgebers um eine angemessene und ausgewogene Regelung, besteht kein Anlass zu einer restriktiven Auslegung.