Rz. 484
Eine Haftungsbeschränkung kann als unselbstständiger Bestandteil des Anwaltsvertrages gleichzeitig mit diesem oder auch als selbstständige Abrede nachträglich vereinbart werden. Das Zustandekommen der Vereinbarung über die Haftungsbeschränkung richtet sich nach den allgemeinen Regeln, insb. nach §§ 145 ff. BGB. § 52 Abs. 1 BRAO unterscheidet zwischen Haftungsbeschränkungen durch Vereinbarung im Einzelfall und durch vorformulierte Vertragsbedingungen. Über § 8 Abs. 3 PartGG gilt § 52 Abs. 1 BRAO auch für die gemeinschaftliche Berufsausübung in einer Partnerschaft.
1. Grundlagen des § 52 Abs. 1 BRAO
a) Anspruch des Auftraggebers aus dem Vertragsverhältnis mit dem Rechtsanwalt
Rz. 485
§ 52 Abs. 1 BRAO erfasst "Ansprüche des Auftraggebers aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis" auf Ersatz eines fahrlässig verursachten Schadens. Nach Sinn und Zweck der Bestimmung muss es sich bei dem Vertragsverhältnis um einen "echten Anwaltsvertrag" handeln, der neben den von § 3 BRAO erfassten Leistungen auch andere anwaltstypische Tätigkeiten zum Gegenstand haben kann, etwa im Bereich der Mediation. Wird der Rechtsanwalt mit anwaltsfremden Leistungen beauftragt (untypischer Anwaltsvertrag), greift § 52 Abs. 1 BRAO nicht. In diesem Tätigkeitsbereich richtet sich die Wirksamkeit vertraglicher Haftungsbeschränkungen deshalb nach allgemeinen Regeln.
Auch auf die sog. Dritthaftung des Rechtsanwalts ggü. Personen, mit denen er keinen Anwaltsvertrag geschlossen hat (vgl. § 8 Rdn 1 ff.), erstreckt sich § 52 Abs. 1 BRAO grds. nicht. Ein Dritter, der nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in den Schutzbereich des Anwaltsvertrages einbezogen wird, kann allerdings nicht besser gestellt werden als der eigentliche Auftraggeber. Der Dritte muss daher Haftungsbeschränkungen gegen sich gelten lassen, die der Auftraggeber mit dem Rechtsanwalt vereinbart hat (vgl. auch § 334 BGB).
Im Bereich gesetzlicher Schuldverhältnisse findet § 52 BRAO ebenso wenig Anwendung wie bei amtsähnlichen Tätigkeiten (etwa Insolvenz- oder Nachlassverwalter).
b) Begriff der Haftungsbeschränkung
Rz. 486
Entgegen seinem missverständlichen Wortlaut erfasst § 52 Abs. 1 BRAO nicht nur die Voraussetzungen für die Wirksamkeit von Beschränkungen der Haftung auf einen Höchstbetrag, sondern auch die eines vollständigen Haftungsausschlusses. Allein dieses Verständnis entspricht der Absicht des Gesetzgebers, Haftungsbeschränkungen zwischen Rechtsanwalt und Mandant umfassend und abschließend zu regeln. Der BGH hat in einem anderen Zusammenhang ausgeführt, dass der Begriff Haftungsausschluss in der Rechtssprache nicht klar gegen den der Haftungsbeschränkung abgegrenzt sei. Für eine Abgrenzung nach den Merkmalen "Haftungsausschluss gleich Einengung der Haftung zum Grund des Anspruchs" und "Haftungsbeschränkung gleich summenmäßige Begrenzung des Umfangs der Haftung" fehle es an jeglichem Anhalt; denn Grund und Höhe gehörten in gleicher Weise zum Inhalt des anspruchsbegründenden Tatbestandes. Ihre getrennte Behandlung beruhe in erster Linie auf prozessualen Vorschriften und dadurch gegebenen Möglichkeiten. Haftungsausschluss und Haftungsbeschränkung kennzeichneten vielmehr denselben rechtlichen Vorgang unter verschiedenen Blickwinkeln; in jeder Beschränkung der Haftung liege zugleich der Ausschluss einer weiter reichenden Haftung.
2. Individualvertragliche Haftungsbeschränkung
Rz. 487
Die Zulässigkeit von Haftungsbeschränkungen auf einen Höchstbetrag durch Vereinbarung im Einzelfall ist in § 52 Abs. 1 Nr. 1 BRAO geregelt.
a) Haftung für Fahrlässigkeit
Rz. 488
Nach § 52 Abs. 1 BRAO kann der Anspruch auf Ersatz eines fahrlässig verursachten Schadens beschränkt werden. Die Haftung des Rechtsanwalts für Vorsatz kann nicht im Voraus beschränkt werden (§ 276 Abs. 2 BGB). § 52 Abs. 1 Nr. 1 BRAO enthält im Gegensatz zu § 52 Abs. 1 Nr. 2 BRAO keine Einschränkung auf Fälle einfacher Fahrlässigkeit. Daraus folgt, dass durch eine Vereinbarung im Einzelfall die Haftung nicht nur für einfache, sondern auch für grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden kann.
Im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, die Haftung wegen grob fahrlässiger Pflichtverletzungen könne auch durch Vereinbarung im Einzelfall nicht beschränkt werden. Andernfalls würde "dieser extreme Randbereich einer Falschberatung zukünftig noch mit dem Bonus der Haftungsbeschränkung belohnt". Diese Ansicht widerspricht dem Wortlaut, der Systematik und dem Zweck des Gesetzes. Sie missachtet den Grundsatz der Privatautonomie. Die rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers, die im Gesetzgebungsverfahren kontrovers diskutiert worden war, ist hinzunehmen. Der Auftraggeber wird dadurch geschützt, dass er bei einer im Einzelfall auszuhandelnden Haftungsbeschränkung dem Anliegen des Rechtsanwalts nicht zustimmen muss und von dessen Beauftragung ga...