Rz. 56
Der Vertragsinhalt richtet sich nach den Vereinbarungen der Parteien. Für den Umfang des Mandats kommt es maßgebend auf den dem Rechtsanwalt erkennbar gewordenen Willen des Mandanten an.
Aus dem Umfang einer gleichzeitig erteilten (Prozess-)Vollmacht lassen sich keine Rückschlüsse auf den Inhalt des Mandats ziehen. Zwar werden sich der Inhalt des Auftrags und der gleichzeitig erteilten Prozessvollmacht in der Praxis regelmäßig decken. Für die Prozessvollmacht verbietet sich eine solche Schlussfolgerung jedoch deshalb, weil ihr gesetzlich festgelegter Umfang (§ 81 ZPO) jedenfalls im Anwaltsprozess nur gem. § 83 ZPO beschränkt werden kann.
Rz. 57
Im Vordergrund des festzulegenden Vertragsinhalts steht die vom Rechtsanwalt zu erbringende Leistung. In der Mehrzahl der Fälle wird ein sog. unbeschränktes Mandat vorliegen (vgl. § 2 Rdn 16), wenn der Mandant bzgl. seines Anliegens um Rat bittet und damit eine umfassende Belehrung durch seinen rechtlichen Berater wünscht. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, den Gegenstand des Mandats genau zu umschreiben und damit die Sorgfaltspflichten des Rechtsanwalts bereits tatbestandlich zu beschränken (eingeschränktes Mandat, vgl. § 2 Rdn 16). Schwierig kann die Abgrenzung eines eingeschränkten Mandats von einem unbeschränkten Mandat sein, bei dem der Mandant bestimmte Weisungen erteilt hat. Dann ist der Wille der Vertragspartner im Wege der Auslegung zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB). Dann kommt es bei der notwendigen Auslegung darauf an, ob der Rechtsanwalt nach dem Willen der Parteien von der Pflicht befreit sein sollte, den Mandanten auf erkennbare Risiken und Nachteile seiner Erklärung (Weisung) hinzuweisen. Unbeschränktes und eingeschränktes Mandat stehen nicht in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis, weshalb der Mandant ein unbeschränktes Mandat zu beweisen hat.
Rz. 58
In den Grenzen des – unbeschränkten oder beschränkten – Mandats ist der Rechtsanwalt zur umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. Unkundige muss er über die Folgen ihrer Erklärungen belehren und vor Irrtümern bewahren. In den Grenzen des Mandats hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und ungefährlichsten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist: Das erfordert es, dem Mandanten, der verlässlich über bestimmte Rechtsfolgen unterrichtet werden will, um darauf seine Entscheidung gründen zu können, eine annähernd zutreffende Vorstellung von den Handlungsmöglichkeiten und deren Vor- und Nachteilen zu vermitteln. Der Anwalt ist als Rechtsberater aber grds. nicht verpflichtet, die wirtschaftlichen Interessen seines Mandanten wahrzunehmen und ihm auf unternehmerischem Gebiet zur Verhütung eines Forderungsausfalls Ratschläge zu erteilen oder ihm grundlegende Entschlüsse abzunehmen und ihn zu betriebswirtschaftlichen Fragen zu beraten.
Rz. 59
Ein eingeschränktes Mandat (vgl. § 2 Rdn 16 ff.) kann z.B. vorliegen, wenn die Parteien sich darüber einig sind, dass Gegenstand der anwaltlichen Beratung nur zivilrechtliche Ansprüche sein sollen, wenn der Rechtsanwalt steuerrechtliche Normen oder etwa Rechtsvorschriften eines ausländischen Staates nicht prüfen soll bzw. konkrete Tätigkeiten vereinbart werden (Einklagen bestimmter Forderungen, Erklärung einer Kündigung, Prüfung eines Entwurfs etc.). Ein Auftrag, die Interessen des Mandanten in einer nach Gegenstand und Entgelt beschränkten Angelegenheit wahrzunehmen, umfasst somit nicht die Mitwirkung an einer andersartigen, ungleich bedeutsameren Tätigkeit. Ein Mandat, Schadensersatzansprüche aus einem Kfz-Unfall zu verfolgen, umfasst keine arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche. Um Unklarheiten von vornherein zu vermeiden, sollte der Mandatsinhalt positiv und/oder negativ präzise abgegrenzt werden. Dabei empfiehlt es sich klarzustellen, ob der Rechtsanwalt nur nach außen eingeschränkt für seinen Auftraggeber auftreten oder ob er auch im Innenverhältnis bestimmten Rechtsfragen nicht nachgehen soll. Bei einem mündlich geschlossenen Vertrag können spätere Streitigkeiten vermieden werden, wenn der Berater den Inhalt noch einmal schriftlich bestätigt. Selbst ggü. Nichtkaufleuten ist damit ein Beweismittel verfügbar.
Rz. 60
Der Umfang des Vertrags beeinflusst die von dem Rechtsanwalt zu beachtenden Sorgfaltsstandards. Bei einem unbeschränkten Mandat ist der Rechtsanwalt grds. verpflichtet, die Interessen seines Auftraggebers in den Grenzen des erteilten Mandats nach jeder Richtung umfassend wahrzunehmen. Der Rechtsanwalt muss sein Verhalten so einrichten, dass er Schädigungen seines Auftraggebers tunlichst vermeidet, auch wenn deren Möglichkeit nur von einem Rechtskundigen vorhe...