Rz. 66
Herkömmlich wird ein Rechtsanwalt für "seinen" Mandanten tätig. Der Anwaltsdienstvertrag kommt dabei mit dem Kanzleiinhaber zustande, wenn für ihn ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Assessor das Mandat übernimmt. An der Bearbeitung eines Mandats können aber auch mehrere Rechtsanwälte auf der Grundlage eines einzigen oder mehrerer Anwaltsverträge beteiligt sein. Hatte sich die Partei im ersten Berufungsverfahren von einer Sozietät vertreten lassen und lässt sie sich im zweiten Berufungsverfahren aufgrund eines neuen Anwaltsvertrages von einem Einzelanwalt vertreten, findet eine Anrechnung der Verfahrensgebühr auch dann nicht statt, wenn der Einzelanwalt im ersten Berufungsverfahren der Sozietät angehört und die Sache namens der Sozietät bearbeitet hatte. Auf die Beteiligung mehrerer Rechtsanwälte und den Vertragsschluss mit einem anwaltlichen Verbund wird an anderer Stelle ausführlich eingegangen (vgl. Rdn 251 ff.). Ein Rechtsanwalt kann auch für mehrere Auftraggeber tätig werden. Dies wird gebührenrechtlich in § 7 RVG ausdrücklich anerkannt. Der Rechtsanwalt ist dabei ggü. jedem Mandanten zur sorgfaltsgerechten Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit verpflichtet. Insb. muss der Rechtsanwalt beachten, dass er nicht entgegen § 43a Abs. 4 BRAO widerstreitende Interessen wahrnimmt oder sich wegen Parteiverrats gem. § 356 StGB strafbar macht (vgl. Rdn 48 ff.).
Der Rechtsanwalt hat nicht mehrere Auftraggeber, wenn er von dem Rechtsschutzversicherer seines Mandanten beauftragt wird. Der Rechtsschutzversicherer handelt gem. § 17 Abs. 2 ARB 2000 namens des Versicherten, wird jedoch selbst nicht Vertragspartner des Rechtsanwalts. Deshalb entstehen keine vertraglichen Pflichten des Rechtsanwalts ggü. dem Rechtsschutzversicherer. Der Rechtsanwalt ist nur den Interessen des versicherten Mandanten verpflichtet, weshalb der Rechtsschutzversicherer keine vertraglichen (Auskunfts-)Ansprüche gegen den Rechtsanwalt hat, der insoweit aber Pflichten und Obliegenheiten seines Mandanten aus dem Versicherungsvertrag erfüllen oder verletzen kann.
Bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts durch einen zum Rechtsschutz verpflichteten (Kfz-)Haftpflichtversicherer, kann es zu Interessenkollisionen kommen, die die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts für den Versicherten erfordern.
Rz. 67
Die Einschaltung eines Prozessfinanzierers ändert ebenfalls nichts an der Verpflichtung des vom Mandanten beauftragten Anwalts, ausschließlich die Interessen seines Mandanten zu vertreten, unabhängig von Informationspflichten, die der Mandant ggü. dem Prozessfinanzierer eingegangen ist. Der Prozessfinanzierer wird auch regelmäßig nicht in den Schutzbereich des Anwaltsvertrages einbezogen sein. Für einen Anwalt, der sich eines Finanzierers zur Durchsetzung eigener Honoraransprüche gegen frühere Mandanten bedienen will, können sich allerdings Probleme ergeben.
Rz. 68
Schließlich kann die Frage der Vertragsparteien in den Fällen problematisch sein, in denen der Auftraggeber nicht zugleich der zu vertretende Mandant ist. Wenn etwa ein Arbeitgeber den Rechtsanwalt mit der Vertretung eines Arbeitnehmers in zivil- oder strafrechtlichen Angelegenheiten beauftragt, weil er dazu aufgrund arbeitsvertraglicher Fürsorgepflichten gehalten ist, können Interessenkollisionen auftreten. Eine Lösung des Problems über einen echten Vertrag zugunsten des Dritten ("Mandanten"), erscheint zweifelhaft, da bei Verträgen nach den §§ 328 ff. BGB zwangsläufig das Vertragsverhältnis (Deckungsverhältnis) zum Auftraggeber besteht, aus dem dieser (Haftungs-)Ansprüche ableiten kann, die der erforderlichen Unabhängigkeit des Beraters entgegenstehen können. Vorzugswürdig ist deshalb eine unmittelbare Beauftragung durch den zu Vertretenden (z.B. Arbeitnehmer), wobei sich der Arbeitgeber zur Zahlung der Gebühren (Freistellung) verpflichtet. Das hat zwar den Nachteil, dass die Rechnung auf den Arbeitnehmer als Leistungsempfänger ausgestellt werden muss und der Arbeitgeber deshalb keinen Vorsteuerabzug geltend machen kann, ist aber berufsrechtlich unbedenklich.