1. LLP
Rz. 476
Die anwaltliche Berufsausübung ist auch in der Rechtsform einer LLP (Limited Liability Partnership) nach englischem Recht oder dem Recht der USA zulässig. Für die englische LLP folgt das aus der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV); für die US-amerikanische LLP aus einem völkerrechtlichen Vertrag.
Diese Gesellschaftsform erfreut sich zunehmender Beliebtheit, nicht nur bei großen, international tätigen Anwaltsgesellschaften, sondern auch bei mittleren und kleineren Kanzleien. Die Attraktivität der englischen LLP ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass sie für in Deutschland tätige Rechtsberater ein vorteilhaftes Haftungsregime zur Verfügung stellt.
Von ihrer konzeptionellen Anlage her kombiniert die LLP die organisatorische Flexibilität und die steuerliche Einordnung einer Partnership mit der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung ihrer Gesellschafter. In England selbst stellt die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen kein Problem für die Rechtsuchenden dar, weil die Anwaltshaftung eine Deliktshaftung ist und unabhängig von der Form einer Berufsausübungsgemeinschaft den handelnden Anwalt persönlich trifft. Nach deutschem Recht ist hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Haftung das am Gründungsort geltende (englische) Recht maßgebend, sodass eine Anwendung der §§ 128 ff. HGB ausscheidet. Für die Haftung aus anwaltlicher Berufstätigkeit gilt hingegen deutsches Recht (vgl. Rdn 204 ff.), mit seinem vertragsrechtlichen Ansatz (Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Rom I-VO) bzw. auch für außervertragliche Ansprüche (z.B. Delikt und c.i.c. – Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Rom II-VO). Deshalb kommt eine persönliche Haftung der Gesellschafter einer LLP nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen einer Sachwalterhaftung in Betracht oder eine deliktische Haftung, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen dafür in der Person des handelnden Rechtsanwalts vorliegen.
Trotz aller Kritik ist die anwaltliche Berufsausübung in Deutschland in der Rechtsform einer LLP die legitime Ausübung der europarechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit. Es liegt auch keine "Haftungslücke" vor, da sowohl die gesellschaftsrechtliche als auch die vertragsrechtliche und außervertragsrechtliche Haftung abschließend geregelt sind. Überdies ist mittlerweile mit Einführung der PartGmbB unter bestimmten Voraussetzungen auch nach nationalem Recht eine Beschränkung der Berufshaftung auf das Gesellschaftsvermögen zugelassen.
Rz. 477
Über die berufsrechtliche Behandlung der LLP besteht noch keine abschließende Klarheit; der BRAK-Ausschuss Internationale Sozietäten hat insoweit Empfehlungen herausgegeben.
Die Frage einer Postulationsfähigkeit der LLP selbst wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt und ist von der Rechtsprechung bislang offengelassen worden. Wenn aber eine Prozesshandlung nicht nur die LLP als handelnden Vertreter der Partei benennt, sondern auch der unterzeichnende Rechtsanwalt aufgeführt ist, liegt im Interesse der vertretenen Partei eine Auslegung nahe, dass diese Prozesshandlung vom unterzeichnenden Rechtsanwalt auch selbst und unabhängig von der Gesellschaft vorgenommen wird. Damit ist in der Praxis für eine Arbeitsfähigkeit der LLP gesorgt. Die Anknüpfung der Postulationsfähigkeit an den handelnden Rechtsanwalt hat für die Beurteilung der Haftung keine Konsequenzen. Die erforderliche Vollmacht für den Prozessbevollmächtigten ist aufgrund ihres abstrakten Charakters (vgl. Rdn 13) unabhängig von dem zugrunde liegenden Beratervertrag, der ausschließlich zwischen dem Auftraggeber und der LLP abgeschlossen worden ist.
2. "Limited"
Rz. 478
Die Private Company Limited by Shares nach englischem Recht gewann im Zuge der schon zitierten EuGH-Rechtsprechung an Attraktivität. Diese Gesellschaftsform steht auch Rechtsanwälten zur Verfügung. Ist sie von in Deutschland zugelassenen Rechtsanwälten in England ordnungsgemäß gegründet und registriert worden, steht der Private Company Li...