Rz. 935

Das BAG hat schon vor der gesetzlichen Regelung des Widerspruchsrechts in § 613a Abs. 6 BGB die Auffassung vertreten, der Widerspruch führe (rückwirkend) zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zum Betriebsveräußerer.[922] Vor Einführung des § 613a Abs. 6 S. 1 BGB konnte der Arbeitnehmer grundsätzlich bis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs widersprechen; er musste sich nicht ab Kenntnis von dem bevorstehenden Betriebsübergang innerhalb eines bestimmten Zeitraumes erklären, es sei denn, er wäre dazu aufgefordert worden. Nach dem Betriebsübergang konnte der Arbeitnehmer den Widerspruch nur noch unverzüglich erklären. Hatte er keine Kenntnis vom Betriebsübergang, musste er nach Erlangung der Kenntnis unverzüglich widersprechen. Die Erklärungsfrist betrug entsprechend den §§ 4, 7 KSchG drei Wochen.[923] Nach der Neuregelung des § 613a Abs. 6 BGB kann der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB schriftlich widersprechen.

 

Rz. 936

Nach einer Entscheidung des BSG vom 8.7.2009 stellt der Widerspruch eines Arbeitnehmers gegen den Betriebsübergang als solcher keinen sperrzeitrelevanten Sachverhalt dar. Allerdings hält das BSG für Fallgestaltungen der vorliegenden Art an seiner Rechtsprechung fest, dass ein wichtiger Grund zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag nur besteht, wenn dem Arbeitnehmer anderenfalls objektiv rechtmäßig zum selben Zeitpunkt gekündigt worden und ihm die Hinnahme der Kündigung nicht zumutbar gewesen wäre. Dies wird das Landessozialgericht noch zu klären haben.[924]

 

Rz. 937

Der fristgerecht und formwirksam erklärte Widerspruch bewirkt auch nach der gesetzlichen Regelung des Widerspruchsrechts in § 613a Abs. 6 BGB, dass das Arbeitsverhältnis zum bisherigen Arbeitgeber fortbesteht.

 

Rz. 938

Geht ein Betrieb oder Betriebsteil im Wege eines Betriebsübergangs auf einen Erwerber über, so werden nur diejenigen Arbeitnehmer von diesem Betriebsübergang erfasst, deren Arbeitsverhältnisse dem übergegangenen Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet waren. Widerspricht ein Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber des Betriebes, dem er wirksam zugeordnet war, so hat er grundsätzlich keinen Anspruch gegen seinen bisherigen Arbeitgeber auf Zuordnung zu einem anderen Betrieb, der ebenfalls im Wege eines Betriebsübergangs auf einen anderen Erwerber übergehen soll. Dies gilt auch dann, wenn ihm eine betriebsbedingte Kündigung durch seinen bisherigen Arbeitgeber wegen Wegfalls einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit droht.[925]

 

Rz. 939

Widerspricht ein Arbeitnehmer zeitlich nach einem Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber, finden auf die Rechtsbeziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber die Grundsätze des faktischen Arbeitsverhältnisses Anwendung. Nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses bestehen gegen den Betriebserwerber keine Ansprüche auf Leistungen, die allein an den Bestand des Arbeitsverhältnisses und nicht an die Erbringung der Arbeitsleistung anknüpfen, da der Arbeitnehmer weiterhin in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsveräußerer steht und insofern nicht schutzbedürftig ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zum Zeitpunkt des Widerspruchs die Leistungen noch nicht erbracht waren und deshalb auch keine Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen können. Eine vertragliche Ausschlussfrist, nach der alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem der Anspruchsteller von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden müssen, ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, da dem Arbeitnehmer ab der Fälligkeit der Ansprüche nach den allgemeinen Regeln gegebenenfalls weniger als drei Monate für die Geltendmachung verbleiben.[926]

 

Rz. 940

Dies muss auch dann gelten, wenn der Widerspruch erst im Anschluss an das Wirksamwerden des Betriebsübergangs bzw. der Umwandlung erklärt wird. Der Arbeitnehmer wird dann so behandelt, als habe das Arbeitsverhältnis den gesamten Zeitraum über mit dem bisherigen Arbeitgeber bestanden.

 

Rz. 941

Die gesetzlichen Neuerungen machen es erforderlich, dass insbesondere auf die Prüfung, ob überhaupt die Voraussetzungen des Betriebsüberganges i.S.v. § 613a BGB vorliegen, größere Sorgfalt verwendet wird, denn von der Beurteilung dieser Frage hängen die in § 613a Abs. 5 und 6 BGB geregelten Pflichten bzw. Rechte ab.

 

Rz. 942

 

Praxistipp

Auch die Unterrichtung als solche bedarf intensiver Vorbereitung, wenn man sich die Rechtsfolgen einer fehlerhaften oder unzureichenden Unterrichtung vor Augen hält. Darüber hinaus bedarf es eines exakt abgestimmten Vorgehens der an dem Betriebsübergang beteiligten Rechtsträger.

 

Rz. 943

 

Praxistipp

Angesichts hieraus folgender Rückabwicklungsprobleme empfiehlt es sich, die ...

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