Rz. 176
Nach ordnungsgemäßer Erteilung der Vollmacht müssen nun zunächst die wichtigsten Daten zusammengetragen werden, um mit der Bearbeitung des Falles beginnen zu können.
Rz. 177
Tipp
Je perfekter und vollständiger die Datensammlung ist, umso weniger bedarf es kostenintensiver Rückfragekorrespondenz mit dem Mandanten.
Rz. 178
Der Mandant sollte bei einfachen Fällen möglichst nicht mehr als einmal in die Kanzlei kommen müssen. Jedes Mandantengespräch kostet Zeit und blockiert Besprechungskapazitäten für andere neue Mandate.
Rz. 179
Außerdem soll die Abgabe der Schadensregulierung an einen Anwalt den Mandanten oder die Werkstatt so sehr entlasten, dass "er den ganzen Fall los ist" und nichts mehr damit zu tun hat. Je besser und professioneller die Dienstleistung des Anwaltes ist, umso größer der positive Erinnerungseffekt und so begeisterter die Weitergabe von Empfehlungen im Umfeld des Mandanten.
Rz. 180
Diese Datensammlung sollte mittels des "Fragebogens für Anspruchsteller" (Anlage 2, siehe § 14 Rdn 2) erfolgen, der bei allen bekannten Zulieferfirmen für Anwaltsbedarf zu bestellen ist (z.B. Bestell-Nr. 3313500, Hans Soldan GmbH, Bocholder Str. 259, 45356 Essen, Tel.: 0180–55333, Fax: 0800–8555544). Er ist auch aus dem Internet herunterladbar. Ihn gibt es auch als vereinfachten Fragebogen für reine Sachschäden.
Rz. 181
Diese Fragebögen sind das Ergebnis jahrzehntelanger Praxis und Erfahrung und demzufolge entsprechend perfekt und umfassend konzipiert. Ihre Verwendung stellt sicher, dass keine für die Bearbeitung wichtige Frage vergessen wird.
Rz. 182
Soweit in der Anwaltskanzlei EDV-Einsatz erfolgt, bieten einige Softwareanbieter gesonderte, speziell auf die Abfrage am Bildschirm für deren spezielle Unfallprogramme abgestimmte "Erfassungsbögen in Unfallsachen" an (Anlage 4, siehe § 14 Rdn 5), die ebenso umfassend und geeignet sind.
a) Daten der Unfallbeteiligten
Rz. 183
Selbstverständlich benötigt man zunächst die Daten aller am Unfall beteiligten Personen und der Fahrzeuge nebst Kennzeichen.
Für die Bestimmung des Nutzungsersatzes und eventuelle Eigenberechnung der Wertminderung ist eine möglichst genaue Bezeichnung des Pkw des Mandanten nach Fabrikat, Typ, Hubraum und Leistung (kW oder PS) sowie Erstzulassung (Baujahr) erforderlich.
b) Daten des Unfallgeschehens
Rz. 184
Ferner ist die genaue Bezeichnung des Unfallortes (Straßennamen und Örtlichkeit) wichtig. Diese Daten werden z.B. für die Bestimmung des Gerichtsortes im Falle einer Klage benötigt oder zur Ermittlung der zuständigen Polizeistation, wenn diese nicht bekannt sein sollte. Alsdann werden Unfalldatum und -zeit benötigt, einerseits für den oben erwähnten "Unfallkalender" (siehe Rdn 137), andererseits für die Ermittlung des zutreffenden Unfallereignisses bei der aufnehmenden Polizeistation.
c) Unfallschilderung
Rz. 185
Besondere Sorgfalt erfordert die Erstellung der Unfallschilderung. Damit diese so exakt wie möglich dargestellt wird und keine Details übersehen werden, sollte dem Mandanten erst einmal Gelegenheit gegeben werden, seine Unfalldarstellung ungestört zu erzählen. Auch sollte er eine Skizze anfertigen, die oft größere Klarheit bringt als die verbale Unfallschilderung. Dann erst sollten Nachfragen gestellt und Hintergründe aufgeklärt werden.
Rz. 186
Erst wenn dem Anwalt die Unfallsituation so klar geworden ist, als wäre er selbst dabei gewesen, kann die für die Schadensregulierung zugrunde zu legende Unfallschilderung schriftlich fixiert werden.
Rz. 187
Tipp
Es empfiehlt sich, immer eine Unfallskizze anzufertigen.
Die Fahrzeuge können z.B. wie folgt bezeichnet werden:
▪ |
A = Mandant |
▪ |
B = Gegner |
▪ |
C, D, E usw. = Drittbeteiligte |
▪ |
Z1, Z2, Z3 usw. = Zeugen |
▪ |
F = Fahrer |
▪ |
BF = Beifahrer. |
In den Fahrzeugsymbolen sollte die Anzahl der Insassen mit einer entsprechenden Zahl an Punkten gekennzeichnet werden, um das Beweiskraftverhältnis von vornherein deutlich zu machen.
Rz. 188
Dann darf unter keinen Umständen, die vollständige Aufzählung aller zur Verfügung stehenden Zeugen fehlen.
Rz. 189
Die Skizze für den Eingangsfall sähe also wie folgt aus:
d) Unfallrekonstruktion
aa) Grundkenntnisse
Rz. 190
Ein Rechtsanwalt, der sich mit Verkehrsrecht befasst, muss in gewissem Umfang auch über unfallrekonstruktive Grundkenntnisse verfügen, um seinen Mandanten von Anfang an richtig zu beraten und im Prozessfall die erforderlichen Anknüpfungstatsachen für einen auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrag stellen zu können.
Rz. 191
Diese kann er z.B. durch Teilnahme an den zahlreich von Sachverständigenbüros angebotenen Kursen und Seminaren erlangen. Viel Erfahrung ist auch aus der einschlägigen Literatur und den Fachzeitschriften für Sachverständige zu gewinnen, insbesondere aufgrund der dortigen fotografischen Dokumentationen (sehr instruktiv, insbesondere für das frühzeitige Erkennen manipulierter Unfälle, ist auch das Buch des Sachverständigenbüros Schimmelpfennig und Becke in Münster: Michael Weber, Die Aufklärung des Kfz-Versicherungsbetruges, Schriftenreihe Unfallrekonstruktion).
bb) Vermeidbarkeitsbetrachtungen
Rz. 192
Das Grundwissen sollte zumindest aber Vermeidbarkeitsbetrachtungen umfass...