Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 49
Nicht nur unter Ehegatten, sondern auch in anderen Lebensgemeinschaften oder engen persönlichen Beziehungen ist es ein zu beobachtender Trend, statt einer gegenseitigen Bevollmächtigung Gemeinschaftskonten zu errichten. Der einfachen Handhabung im Alltag steht die Gefahr im Notfall gegenüber: Wird einer der Kontoinhaber pflegebedürftig und ist nicht mehr in der Lage zu verfügen oder zu kontrollieren, erhält der andere Kontoinhaber alle Macht, bis hin zur Auflösung des Kontos bzw. der Umschreibung auf sich.
Ein Problem ist die wirtschaftliche Berechtigung am Guthaben, wenn das Konto fast nur von Leistungen einer Person gespeist wurde. Die gesetzliche Vermutung der anteiligen Gesamtgläubigerschaft gem. § 430 BGB mangels anderweitiger Bestimmung dürfte in vielen Fällen nicht gewollt sein. Vor allem im Erbfall kann dies zu Schräglagen führen, die vom wirtschaftlich stärkeren Partner nicht gewollt wurden.
Rz. 50
Fallbeispiel
Der wohlhabende Erblasser richtet mit seiner Lebensgefährtin ein Gemeinschaftskonto ein, über das beide verfügen können, auch mit ihren jeweiligen Kreditkarten.
Das Guthaben wurde alleine aus (Renten-)Einkommen des Erblassers gespeist, während das Einkommen der Lebensgefährtin nach wie vor auf deren eigenes Konto fließt. Sämtliche Konsumausgaben der Lebensgefährtin werden vom Gemeinschaftskonto getätigt, was der Erblasser nicht weiß bzw. ihn nicht interessiert.
Gleich nach dem Erbfall löst die Lebensgefährtin das Konto auf, die Kinder als Erben bleiben auf den Beerdigungskosten sitzen.
Die Gesamtgläubigerschaft wird von den Angehörigen in dieser Konstellation zurecht als Hohn empfunden, und leider sind die Möglichkeiten einer Rückforderung noch begrenzter als es bei einem Missbrauch einer Vollmacht der Fall sein dürfte. Das Unbehagen an der "diskreten Enteignung" wird durch eine Fehlentscheidung des OLG Bamberg verstärkt, wonach schon mit der Unterschrift unter das Bankformular zur Errichtung eines solchen Kontos zugleich ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall geschlossen sein soll: JAAA!!
Zitat
Der dem E zu Lebzeiten zustehende Hälftebetrag ist jedoch nicht in den Nachlass gefallen, so dass dem Erben (und damit dem Kl. aus abgetretenem Recht) ein Ausgleichsanspruch gem. § 430 BGB gegenüber der Bekl. zustünde. Die in den Kontoeröffnungsunterlagen vereinbarte und dokumentierte Regelung, dass der überlebende Ehegatte berechtigt ist, das Sparkonto aufzulösen oder auf seinen Namen umzuschreiben, ist nicht nur eine formale, banktechnische Regelung. Sie enthält vielmehr in materiell-rechtlicher Hinsicht einen Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall gem. § 328 BGB und stellt eine Schenkung an den überlebenden Ehegatten dar.
Dies folgt insbesondere aus dem Zusatz, dass der überlebende Ehegatte berechtigt ist, das bisherige Gemeinschaftskonto auf seinen eigenen Namen umzuschreiben. Wäre gewollt, dass der Anteil des E in den Nachlass fällt, wäre eine solche Regelung sinnlos. Für diesen Fall wird i.d.R. vereinbart, dass eine Auflösung bzw. Umschreibung nur mit den Erben erfolgen kann.
Rz. 51
Darauf muss man erst mal kommen, denn die Konsequenzen sind weitreichend: Wenn Eheleute (wie häufig) sämtliches Bankvermögen gemeinschaftlich angelegt haben und nicht über Grundbesitz verfügen, dürften nach Auffassung des OLG Bamberg die Kinder als gesetzliche Erben faktisch nichts erhalten und wären auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch (mit allen üblen Folgen der §§ 2327, 2329 BGB) verwiesen.
Da aber kein Urteil so schlecht ist, dass es nicht auch für etwas gut sein kann, ist die Entscheidung des OLG Bamberg in der Beratung als Mittel der Brutalpädagogik bei allzu sorglosen Mandanten in Zweitehen bestens zu verwenden.
Tipp zur Vorbeugung
Wenn bei Lebensgemeinschaften mit Gemeinschaftskonten kein Gleichlauf in den Zu- und Abgängen besteht und auch sonst Besonderheiten gelten, sind zur Vermeidung späterer Konflikte schriftliche Vereinbarungen über die wirtschaftliche Berechtigung am Guthaben zu Lebzeiten und im Todesfalle geboten.
Zu beachten ist, dass auch bei diesen Vereinbarungen grundsätzlich Vertragsfreiheit besteht, es also auch durchaus gewollt sein kann, dass der überlebende Kontoinhaber materiell-rechtlich im Wege einer Schenkung berechtigt sein soll und den ursprünglich gemeinschaftlichen Guthabensbetrag beider Kontoinhaber behalten darf.
Der Rechtsgrund muss nicht notwendigerweise eine Schenkung sein, es kann je nach den Lebens- und Vermögensverhältnissen der beiden Kontoinhaber bei höheren Guthaben auch eine Vergütung für geleistete Dienste oder eine Altersabsicherung des überlebenden Ehegatten im Valutaverhältnis vereinbart werden.
Sinnvollerweise sollten hier auch mit der Bank echte Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall geschlossen werden.