Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 38
Um das Handeln des Bevollmächtigten zu überprüfen ist weiterhin der Umfang der Vollmacht eingehend zu prüfen. Die drei häufigsten Vollmachtsarten werden im Folgenden vorgestellt.
1. Generalvollmacht
Rz. 39
Die umfassendste Möglichkeit, jemanden zu bevollmächtigen, gibt die Generalvollmacht. Sie wird vielfach in Form einer im Außenverhältnis unbeschränkten Vorsorgevollmacht erteilt, oft in Kombination mit Betreuungs- und Patientenverfügung. Das "Rundum-sorglos-Paket", mit dem der Bevollmächtigte jedes rechtlich mögliche Handeln im Namen des Vertretenen vornehmen kann, bereitet dem Vollmachtgeber und seinen Erben oft unvorhergesehen Ärger. Zu beachten ist, dass auch eine Generalvollmacht zumindest zwei (ungeschriebene) Grenzen hat:
a) Insichgeschäfte gem. § 181 BGB
Rz. 40
Zum einen sind Insichgeschäfte gem. § 181 BGB nur dann von einer Vollmacht gedeckt, wenn sie dem Bevollmächtigten ausdrücklich gestattet sind. Eine konkludent erteilte Befugnis zur Selbstkontrahierung ist substantiiert darzulegen, die allgemeine Formulierung "soweit die Gesetze eine Vertretung zulassen" ist nicht ohne weiteres als Gestattung gem. § 181 BGB zu verstehen.
Obwohl gerade hier nicht unerhebliche Gefahren für den Vollmachtgeber lauern, sehen viele Vollmachtsformulare eine ausdrückliche Befreiung von § 181 BGB vor. Der Bevollmächtigte kann sich dadurch im Prinzip auch selbst beschenken, was im Nachhinein erhebliche Beweisprobleme aufwerfen kann (vgl. § 4 Rdn 142 ff.).
Hinweis
Nach ständiger Rechtsprechung ist für eine Bargeldabhebung oder die Überweisung auf das eigene Konto des Bevollmächtigten keine Befreiung von § 181 BGB erforderlich, weil es sich hier um einen Vertrag zwischen Bank und Vollmachtgeber handelt.
Ein Insichgeschäft kann aber auch wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB nichtig sein. In einem vom BGH entschiedenen Fall hatte ein bevollmächtigter Ehemann zum Nachteil seiner (Noch-) Ehefrau eine Treuhandvereinbarung geschlossen und damit eigene wirtschaftliche Ziele verfolgt.
b) Erteilung von Untervollmachten
Rz. 41
Zum anderen ist immer zu fragen, inwieweit eine Generalvollmacht auch zur Erteilung von Untervollmachten befugt. Ist dies im Rahmen einer Vorsorgevollmacht nicht ausdrücklich zugestanden, ist das im Zweifel auch nicht gewollt, weil es dem Vollmachtgeber gerade darauf ankommt, dass der Bevollmächtigte, dem er vertraut, persönlich seine Angelegenheiten wahrnimmt.
Andererseits kann man argumentieren, dass das Interesse an umfassender Vertretung auch das Recht zur Erteilung einer Untervollmacht beinhaltet. Letztlich handelt es sich um eine Auslegungsfrage, weil z.B. schon die Beauftragung eines Steuerberaters zur Einlegung eines Einspruchs oder die Order an die Bank, Wertpapiere zu verkaufen, eine Unterbevollmächtigung beinhaltet. In Grenzfällen ist Zurückhaltung geboten, im Zweifel ist immer von einem geringeren Umfang der Vollmacht auszugehen.
Rz. 42
Viele Vorsorgevollmachten enthalten aber eine ausdrückliche Befugnis zur Erteilung von Untervollmachten. Dann müssen auch gegenüber dem Unterbevollmächtigten alle Rechte geltend gemacht werden.
Neben der Haftungsgefahr durch Unterbevollmächtigte, die nicht die Zuverlässigkeit des Hauptbevollmächtigten aufweisen, ist auch der Widerruf problematisch: nach einer weit verbreiteten und inzwischen vom OLG Köln bestätigten Auffassung, endet die Untervollmacht nicht automatisch bei Erlöschen der Hauptvollmacht. So kann der Bevollmächtigte sein Kind oder seinen Ehegatten zum Unterbevollmächtigten bestimmen und weiter verfügen lassen, kurz bevor ihm gegenüber die Vollmacht widerrufen wurde.
Hinweis
Die Erlaubnis zur Erteilung einer Untervollmacht lädt zu "fiesen Tricks" ein, denen der Vertreter des Vollmachtgebers bzw. dessen Erben in zweierlei Hinsicht begegnen sollte: Zum einen sollte der Hauptbevollmächtigte sofort zur Auskunft über Bestehen und Umfang von Unterbevollmächtigten aufgefordert werden. Zum anderen ist dem Hauptbevollmächtigten klarzumachen, dass er sich das Handeln weiterer Vertreter u.U. schuldrechtlich im Rahmen des Auftragsverhältnisses nach § 278 BGB zurechnen lassen muss, wenn dort Missbrauch festzustellen ist.
Bekanntlich sind Verträge, die durch kollusives Zusammenwirken zum Schaden Dritter führen, sittenwidrig. Was also liegt näher, als Untervollmachten zu erteilen, um mit diesen Marionetten ein übles Geschäft zu tarnen? Der BGH hat solcher Kreativität eine Absage erteilt und klargestellt, dass ein Fall einer sittenwidrigen Kollusion auch vorliegt, wenn der Vertreter nicht selbst handelt, sondern einen arglosen Untervertreter einschaltet oder er aufgrund seiner Vertretungsmacht einen weiteren, arglosen (Mit-)Vertreter zu dem Geschäft veranlasst und so ein Insichgeschäft verschleiert.
Tipp zur Vorbeugung
Soweit Untervollmachten erteilt werden dürfen, kann bei Erteilung einer Vorsorgevollmacht an mehrere Bevollmächtigte im Innenverhältnis vorgesehen werden, das...