Rz. 77

Eine Ehe kann nicht nur durch Scheidung aufgelöst werden, sondern auch durch Aufhebung der Ehe, §§ 1313 ff. BGB. Ist eine Eheschließung durch wesentliche formale oder materiell rechtliche Mängel behaftet, kann sie aufgehoben werden.

Die Gründe für eine Aufhebbarkeit sind abschließend in § 1314 BGB aufgezählt und betreffen entweder Voraussetzungen zur Eheschließung oder bestimmte Tatbestände, die auf Willensbildung bezogen sind oder Motive zur Eheschließung betreffen. Treffen solche Gründe zu, ist der Antrag durch den Berechtigten gerichtlich geltend zu machen, § 136 BGB.

 

Rz. 78

Muster 1.15: Antrag auf Aufhebung der Ehe

 

Muster 1.15: Antrag auf Aufhebung der Ehe

An das Amtsgericht _________________________

– Familiengericht –

_________________________

Eheaufhebungsantrag

In der Familiensache

der Frau _________________________

– Antragstellerin –

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________

gegen

Herrn _________________________

– Antragsgegner –

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________

zeige ich ausweislich anliegender Verfahrensvollmacht i.S.d. § 114 Abs. 5 FamFG die anwaltliche Vertretung der Antragstellerin an.

Namens und im Auftrag der Antragstellerin stelle ich in der Sache folgenden Antrag:

 
  Die am _________________________ vor dem Standesbeamten des Standesamts _________________________, Heiratsregister-Nr.: _________________________, geschlossene Ehe der Beteiligten wird aufgehoben.

Begründung:

I. Persönliche Verhältnisse der Beteiligten

Die Antragstellerin, geb. am _________________________, und der Antragsgegner, geb. am _________________________, haben – wie im Antrag bezeichnet – die Ehe geschlossen.

Beweis:

1. Stammbuch, von der Antragstellerin im Termin vorzulegen
2. Beglaubigte Kopie der Heiratsurkunde (Anlage A 1)
3. Personalausweise im Termin vorzulegen

Die Beteiligten sind deutsche Staatsangehörige.

Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.

Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 122 Nr. 3 FamFG. Die Beteiligten hatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt in _________________________. Die Antragstellerin lebt nach wie vor in dieser Wohnung, während der Antragsgegner nach _________________________ umgezogen ist.

II. Aufhebung nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB

Der Aufhebungsantrag wird auf § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB gestützt. Die Antragstellerin ist aufgrund einer arglistigen Täuschung des Antragsgegners zur Eingehung der Ehe bestimmt worden.

Die Antragstellerin hat vor der Ehe deutlich gemacht, dass sie sich eine Ehe nur vorstellen kann, wenn daraus auch Kinder hervorgehen. Erst nach Eheschließung hat der Antragsgegner der Antragstellerin offenbart, dass er aus medizinischen Gründen unfähig zum Geschlechtsverkehr und auch zeugungsunfähig sei.

Die Antragstellerin wäre die Ehe mit dem Antragsgegner nicht eingegangen, wenn ihr dieser Sachverhalt bekannt gewesen wäre.

Beweis: Anhörung der Beteiligten im Termin

Die Antragsberechtigung der Antragstellerin ergibt sich aus § 1316 Abs. 1 Nr. 2 BGB.

Damit ist die Ehe antragsgemäß aufzuheben.

Beglaubigte und einfache Abschrift anbei.

_________________________

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 79

Da ein gerichtliches Verfahren auf Aufhebung der Ehe keine Folgesachen behandelt, kann es sinnvoll sein, sich über die übrigen Folgen der aufzuhebenden Ehe notariell zu einigen.

Auch wenn natürlich möglich erscheint, dass derjenige Ehegatte, in dem sich der Grund für eine Aufhebung der Ehe verwirklicht, im Scheidungsverfahren die Gründe sodann bestreitet, wird es doch in der Regel bei einer entsprechenden Fallkonstellation erforderlich sein, in der Beschreibung einer Ausgangslage die Aufhebung zu benennen.

Nicht erforderlich ist es in solchen Fällen, den konkreten Grund nach § 1414 BGB zu nennen. Die Tatsache der Bezeichnung als Folgeregelung aufgrund vorzunehmender Aufhebung der Ehe ist aber deshalb erforderlich, weil eine Aufhebung der Ehe anderen anwaltlichen Regeln hinsichtlich der "Scheidungsfolgen" unterliegt, § 1318 BGB. Hinzu kommt, dass der Antrag auf Aufhebung der Ehe gem. § 1317 BGB Fristen unterliegt, auf die in einer notariellen Vereinbarung hinzuweisen ist.

 

Rz. 80

 

Praxistipp

Die notarielle Vereinbarung über die Folgen einer aufzuhebenden Ehe hat

diese Tatsache zu bezeichnen sowie
einen Hinweis zur Frist für die Beantragung der Aufhebung der Ehe zu enthalten.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge