Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
I. Rechtliche Grundlagen
1. Rechtslage bis zum 31.8.2009
Rz. 81
Durch das Versorgungsausgleichsgesetz sind mit Wirkung zum 1.9.2009 die §§ 1587 ff. BGB a.F. entfallen. Geblieben ist eine geänderte Fassung von § 1587 BGB als Grundnorm und Verweis auf die Bestimmungen des Versorgungsausgleichsgesetzes.
Es gelten folgende Übergangsvorschriften, §§ 48, 49 VersAusglG:
Altes Recht gilt für vor dem 1.9.2009 eingeleitete Verfahren über den Versorgungsausgleich, § 48 Abs. 1 VersAusglG.
Neues Recht gilt:
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für Altverfahren über den Versorgungsausgleich, die vor dem 1.9.2009 abgetrennt, ausgesetzt oder zum Ruhen gebracht worden sind, § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG, |
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für Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1.9.2009 schon rechtshängig waren, aber nach dem 1.9.2009 abgetrennt, ausgesetzt oder zum Ruhen gebracht werden, § 48 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG, |
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in Verfahren, in denen grundsätzlich altes Recht gilt, aber bis zum 31.8.2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, § 48 Abs. 3 VersAusglG. |
Dementsprechend gilt altes Recht nur noch für Verfahren, die sich am 31.8.2010 bereits in einer Rechtsmittelinstanz befunden haben.
Für Verfahren nach den Härteregelungen der § 4 ff. VAHRG gilt altes Recht, wenn der Antrag beim Versorgungsträger vor dem 1.9.2009 eingegangen ist, § 49 VersAusglG.
Solche Fälle wird es durch Zeitablauf kaum noch geben können.
2. Rechtslage ab dem 1.9.2009
Rz. 82
Eingeführt durch Art. 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) gilt das Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG); im BGB ist nur § 1587 BGB als Grundnorm mit dem Verweis auf das Versorgungsausgleichsgesetz verblieben.
Verfahrensrechtlich gelten, ebenfalls ab dem 1.9.2009, §§ 111 Ziff. 7, 137 Abs. 2 i.V.m. §§ 217 ff. FamFG.
Rz. 83
Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:
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Abschaffung des Einmalausgleichs zugunsten des Hin- und Her-Ausgleichs aller einzelnen Versorgungsanrechte. |
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Eine Verrechnung von Versorgungen gleicher Art nimmt nicht das Familiengericht vor; sie wird von dem Versorgungsträger beim Vollzug der rechtskräftigen Entscheidung des Familiengerichts vorgenommen. Gleiches gilt, wenn verschiedene Versorgungsträger zuständig sind und eine Verrechnung vereinbart haben, § 10 Abs. 2 VersAusglG. |
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Bei einer Ehedauer von unter drei Jahren findet der Versorgungsausgleich nur auf Antrag statt. Der Antrag kann voraussetzungslos und ohne anwaltliche Vertretung gestellt werden, § 3 Abs. 3 VersAusglG, § 114 Abs. 4 Nr. 7 FamFG. Der Antrag ist nicht fristgebunden. Für ihn gilt insbes. nicht die Zweiwochenfrist des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG für die Einbeziehung von Folgesachen in den Verbund, weil der Versorgungsausgleich auch in Fällen kurzer Ehezeit ab Stellung des Ehescheidungsantrages im Verbund steht: Die Dauer der Ehezeit konkretisiert sich erst mit der Zustellung des Scheidungsantrages. Der Verbundcharakter bleibt bis zur Endentscheidung bestehen, so dass der Antrag auch noch im Beschwerdeverfahren gestellt werden kann. |
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Kein Ausgleich von Anrechten bei Geringfügigkeit, § 18 VersAusglG. Nach dieser Vorschrift soll das Familiengericht beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz der Ausgleichswerte gering ist, § 18 Abs. 1 VersAusglG. Einzelne Anrechte sollen nicht ausgeglichen werden, wenn sie einen geringen Ausgleichswert haben, § 18 Abs. 2 VersAusglG. Gering ist der Wertunterschied/Ausgleichswert nach § 18 Abs. 3 VersAusglG, wenn er bestimmte Bezugsgrößen nach § 18 Abs. 2 SGB IV nicht übersteigt; d.h. für 2012: Renten von monatlich 26,20 EUR und Kapitalwerte von (2.625 EUR x 120 %) 3.150 EUR. Die zu § 18 VersAusglG in Literatur und Judikatur der Oberlandesgerichte kontrovers diskutierten Fragen sind inzwischen durch den BGH wie folgt entschieden worden:
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Die Abs. 1 und 2 stehen nicht in einem Rangverhältnis der Art, dass gleichartige Anrechte, deren Ausgleichswertdifferenz die Bagatellgrenze überschreiben, anschließend noch einzeln einer Überprüfung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG unterzogen werden können; vielmehr findet auf Anrechte gleicher Art i.S.v. § 18 Abs. 1 VersAusglG Abs. 2 der Vorschrift keine Anwendung. |
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Für die Feststellung der Geringfügigkeit ist in der gesetzlichen Rentenversicherung der Kapitalwert maßgebend, weil die maßgebliche Bezugsgröße nach § 64 Ziff. 1 SGB VI die Entgeltpunkte und kein Rentenbetrag sind. |
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Anrechte in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung Ost sind wegen der abweichenden Dynamik bis zur Einkommensangleichung nicht mit Anrechten in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung West i.S.d. § 18 Abs. 1 VersAusglG gleichzusetzen. |
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Die Entscheidung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG ist unter besonderer Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes zu treffen, der den Ausgleich eines einzelnen Anrechts mit geringem Ausgleichswert gebieten kann, wenn mit dem Ausgleich kein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand für die Ve... | |