Rz. 42

Auf dem Gebiet des Rechtes der Fahrerlaubnis geht es häufig nicht nur um die Kenntnis von Rechtsnormen und die Rechtsanwendung, sondern meistens ist die Unterstützung durch Sachverständige erforderlich.

Dies gilt beispielsweise für angewandte Messverfahren. Hierzu kann bei der Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage eingeholt werden, um die Kostenübernahme nach den Versicherungsbedingungen abzuklären. In vielen Fällen kann dann anhand der Sachverständigengutachten eine Beendigung des Verfahrens betrieben werden. Einige Sachverständige geben auch bei korrekter Messung wenigstens Hinweise für den Rechtsanwalt, wie er ggf. Verteidigungsansätze finden kann.

 

Rz. 43

Auch bei aktuellen Verfahren können die Gerichte kaum ohne sachverständige Hilfe auskommen: So ist beispielsweise ein Unfallrekonstruktionsgutachten wie auch ein forensisches Sachverständigengutachten zur Frage der Schuldfähigkeit in dem spektakulären Fall der sog. "Ku‘Damm-Raser" erforderlich gewesen. Dieses Verfahren ist wichtig für die zukünftige Rechtsanwendung, weil die Abgrenzung zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz sicherlich durch den BGH beantwortet werden muss.

Ergebnis der Entscheidung im Zusammenhang mit den Ku’Damm-Rasern ist eine deutlich herabgesetzte Akzeptanz von Autorennen und die aufkommende Neigung der Staatsanwaltschaft, dieses Verhalten als Verbrechen zu verfolgen. Denn das LG Berlin hat in seiner Entscheidung[26] bedingten Vorsatz und das Vorliegen von Mordmerkmalen bejaht, so dass eine Verurteilung wegen Mordes am 27.2.2017 erfolgte und – sicherlich ungewöhnlich – eine lebenslange Sperre der Fahrerlaubnis nach Entzug ausgesprochen worden ist. Wie der BGH diese Entscheidung bewerten wird, ist auch unter Fachkollegen umstritten; jedenfalls setzt sie ein wichtiges Signal für die sog. "Raser-Szene".

 

Rz. 44

In der Praxis ist es zudem so, dass die "Eignung" bzw. "Nichtgeeignetheit" nicht durch den Juristen beurteilt wird, sondern auf der Grundlage eingeholter Sachverständigengutachten. Hier bietet es sich für den Anwalt an, sich zu vergewissern, ob zu speziellen Fragen Sachverständige oder Sachverständigendienste zur Verfügung stehen (hierzu wird verwiesen auf die Liste aller amtlich anerkannten verkehrspsychologischen Berater im Internet unter www.bdp-verkehr.de/register/neu/suchep.php).

Festzustellen ist, dass die sachgerechte Bearbeitung eines Mandats bei Drogenproblematik neben der fundierten Kenntnis des Fahrerlaubnisrechts nicht ohne "Grundwissen im toxikologisch-pharmakologischen Bereich" möglich ist.

 

Praxistipp

Ebenso ist in Bußgeldverfahren mit Geldbußen und Fahrverboten zu rechnen. Im Rahmen der Feststellung des Vorwurfs ist daher auf ausreichende Feststellungen zum Drogenkonsum zu achten, weil dies bei der Wiedererteilung eine erhebliche Rolle spielt. Der Verteidiger sollte dafür sorgen, dass der Hintergrund der Drogenfahrt im Hinblick auf Vorsatz und Fahrlässigkeit genau zu ermitteln und im Urteil darzustellen ist. Denn bei länger zurückliegendem Konsum kann nämlich sogar die Fahrlässigkeit entfallen.[27]

[26] LG Berlin v. 27.2.2017 – 535 Ks 8/16.
[27] Ebenso Krumm, Bußgeldverfahren nach Drogenfahrt, NJW 2011, 1259 ff., Bußgeldverfahren nach Drogenfahrt, NJW 2011, 1259 ff.

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