Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 1
Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege, § 1 BRAO. Nach § 3 Abs. 1 BRAO ist der Rechtsanwalt "der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten." Er übt einen freien Beruf aus und darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden, § 43a Abs. 1 BRAO. Die Souveränität ist essentielle Voraussetzung für das besondere Vertrauensverhältnis, das zwischen ihm und seinem Mandanten bestehen muss. Auch wenn der Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege gegenüber dem Allgemeinwohl verpflichtet ist, dient seine Tätigkeit aufgrund seiner vertraglichen Verpflichtung primär den Interessen seines Mandanten. Den Klienten optimal zu vertreten, ist also das vorrangige Ziel der anwaltlichen Fallbearbeitung.
Mit seiner besonderen Fachkompetenz in bestimmten Rechtsgebieten, einer – selbstverständlichen – Zuverlässigkeit und einem zügigen Bearbeitungstempo der Aufträge kann der Rechtsanwalt seinen eigenen Qualitätsansprüchen genügen und sich einen dauerhaften Mandantenstamm erarbeiten. Ein Rechtsanwalt ist dann ein "guter" Rechtsanwalt, wenn er die Fähigkeiten und Kenntnisse mitbringt und anwendet, die er braucht, um die Rechtsangelegenheit, die er zu regeln helfen soll, sachgerecht zu bearbeiten. Und ein solcher Rechtsanwalt lehnt die Bearbeitung eines Mandats ab, für das er nicht die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt oder welches ihn überfordert. Die Bundesrechtsanwaltskammer definiert als Kernqualitäten der Rechtsanwaltschaft: "Unabhängig, verschwiegen, kompetent und loyal". Das wichtigste Qualitätskriterium ist die Kompetenz eines Rechtsanwalts, wobei die Begriffe "guter Rechtsanwalt" und "kompetenter Rechtsanwalt" fast identisch sind. Ein Anwalt ist dann kompetent, wenn er genau die Kenntnisse und Fähigkeiten hat, um die Angelegenheit, die ihm aufgetragen wurde, einer sachgerechten Lösung zuführen zu können. Dazu gehört auch die Beherrschung anwaltlicher Strategien.
Ein guter Anwalt ist hochqualifiziert. Zu den Kompetenzen und Fähigkeiten, über die ein Jurist verfügen sollte, um ein "guter" Anwalt und langfristig erfolgreich zu sein, werden gezählt:
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umfassende Kenntnisse der Gesetze, |
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gutes Urteilsvermögen und Entscheidungsstärke, |
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Analyse und Recherche von Informationen, |
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schriftliche Ausdrucksfähigkeit und Verständlichkeit, |
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Detailgenauigkeit, |
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gute Kommunikationsfähigkeiten, Fähigkeit, zuzuhören und in der Öffentlichkeit zu sprechen, |
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Fähigkeit zum logischen Denken, |
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Kreativität beim Lösen von Problemen, |
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Organisationsfähigkeit und Führungsqualitäten. |
Gute Anwälte hören nie auf zu lernen und sind proaktiv, nicht reaktiv. Die Fähigkeiten, die ein Anwalt braucht, werden im Laufe der Zeit erworben, kommen mit der Erfahrung und werden weiterentwickelt.
Rz. 2
Im Vordergrund der anwaltlichen Tätigkeit dürften oftmals die Beratung der Mandanten und, wenn möglich, eine außergerichtliche Konfliktbeilegung stehen. Ist ein Prozess unausweichlich, gewinnen die legitimen Mittel, welche im Zivilverfahren und bei seiner Vorbereitung, vor allem durch die Zivilprozessordnung, vorgegeben sind und eingeräumt werden, an Bedeutung. Die genaue Kenntnis des Prozessrechts verschafft nicht nur einen maßgebenden taktischen Vorteil, sondern kann auch entscheidend für das Gewinnen des Rechtsstreits sein.
Rz. 3
Dringend abgeraten wird, mit fragwürdigen Mitteln zu arbeiten, um nicht in den Ruf eines "Winkeladvokaten" zu geraten und das Vertrauen des eigenen Mandanten, der Kollegen und der Gerichte zu gefährden.
Rz. 4
Vor diesem Hintergrund sollen in dieser Abhandlung Strategien der Mandatsbearbeitung, der außergerichtlichen Tätigkeit und für das zivilprozessuale Erkenntnisverfahren vermittelt werden.