a) Voraussetzungen
Rz. 209
Unter den Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 BGB ist ein staatlicher Eingriff in die Vermögenssorge legitimiert.[791] Erforderlich ist dazu, dass durch das Verhalten des Sorgerechtsinhabers das Kindesvermögen gefährdet wird. Eine Gefährdung des Kindesvermögens ist gegeben, wenn der Eintritt eines Schadens nach den obwaltenden Umständen wahrscheinlich ist, mindestens aber die Möglichkeit eines solchen naheliegt und eine gegenwärtige Gefahr begründet.[792] Eine Gefahr besteht demnach nicht, wenn eine Schädigung zwar zu erwarten ist, aber durch Maßnahmen der Eltern abgewendet und behoben werden kann.[793] Es muss daher für die Annahme einer Gefahr ohne familiengerichtliches Eingreifen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu befürchten sein, dass sich das Kindesvermögen in einer Weise vermindert bzw. durch Erträgnisausfall nicht vergrößert, wie es sich nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung verhindern ließe.[794] Maßstab für diese Beurteilung sind die sich aus der allgemeinen Verpflichtung zur Vermögenssorge ergebenden Obliegenheiten, betriebswirtschaftliche Grundsätze für eine vernünftige Vermögensanlage und die in § 1666 Abs. 2 BGB niedergelegten Einzelverpflichtungen. Allerdings enthält § 1666 Abs. 2 BGB lediglich Regelbeispiele. Eine abschließende Regelung, was das Vorliegen einer Vermögensgefährdung betrifft, wird durch die Vorschrift nicht getroffen.[795]
Rz. 210
Typische Beispiele für eine Gefährdung des Kindesvermögens sind etwa:
▪ | ordnungswidriger Verbrauch von Geldern des Kindes (Renten, Sparguthaben) durch die Eltern,[796] |
▪ | schwerwiegende Zerwürfnisse auf Elternebene, die sich auf die Vermögensverwaltung niederschlagen,[797] |
▪ | im Einzelfall auch ein schwer wiegendes Zerwürfnis auf der persönlichen Ebene zwischen dem Elternteil und dem Kind, wenn hierdurch Konflikte bei der Ausübung der Vermögenssorge zu erwarten sind.[798] |
Rz. 211
Auch aus dem eigenen wirtschaftlichen Verhalten eines Elternteils können Rückschlüsse auf dessen Fähigkeit zur ordnungsgemäßen Ausübung der Vermögenssorge gezogen werden, etwa wenn über das elterliche Vermögen Privatinsolvenz eröffnet wurde.[799] Eine Einschränkung der Vermögenssorge wird ferner dann naheliegen, wenn der vermögenssorgeberechtigte Elternteil selbst unter Betreuung mit Wirkungskreis Vermögenssorge steht.[800]
b) Verstöße der Eltern gegen vermögensrelevante Schutzpflichten
Rz. 212
Eine Eingriffsbefugnis des Familiengerichts besteht erst dann, wenn den Eltern ein in ihren Verantwortungsbereich fallendes Versagen bei Ausübung der Vermögenssorge angelastet werden kann. Vorrangig sind dabei die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1666 Abs. 2 BGB zu prüfen. Insoweit werden die Eingriffsmöglichkeiten in die Vermögenssorge als Regelbeispiele zu § 1666 Abs. 1 BGB ausgestaltet. Von einer Gefährdung des Kindesvermögens nach § 1666 Abs. 2 BGB ist danach in der Regel auszugehen, wenn der Inhaber der Vermögenssorge
▪ | seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind verletzt, |
▪ | seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder |
▪ | eine Anordnung des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge bezieht, nicht befolgt. |
aa) Nichterfüllung der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung
Rz. 213
Zielrichtung dieser Alternative ist, eine Gefährdung der Gesamtvermögenslage zu verhindern.[801] Voraussetzung ist danach grundsätzlich allerdings eine Bedürftigkeit des Kindes, einhergehend mit einer Leistungsfähigkeit der Eltern.
Ist das Kind vermögend i.S.d. § 1602 Abs. 2 BGB, so ist ihm sein Vermögen und sein Arbeitsentgelt in angemessenem Umfang zu belassen.[802] Besteht auf Seiten der Eltern ein Rechtsirrtum hinsichtlich ihrer Unterhaltspflicht, so ist er nur beachtlich, wenn er unvermeidbar ist. Etwaige Versorgungsleistungen Dritter oder öffentliche Hilfe können die Eltern nicht entlasten, es sei denn diese Zuwendung beruht auf einer Vereinbarung zwischen allen Beteiligten.[803]
bb) Verstöße gegen die mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten
Rz. 214
Als Verstöße gegen die mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten kommen etwa Verletzungen der Vermögensverwaltungspflicht oder ein Verstoß gegen die betriebswirtschaftlichen Grundsätze einer effektiven Vermögensverwaltung in Betracht. Anlass für ein familiengerichtliches Eingreifen kann dabei sein:
▪ | Säumnis der Eltern zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung für das von ihrem Kind verwaltete Unternehmen, |
▪ | mangelnde Geltendmachung von Außenständen, |
▪ | nachlässiges Betreiben eines Prozesses wegen oder gänzliche Unterlassung der Geltendmachung eines Vermächtnisanspruches, |
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