Rz. 212

Eine Eingriffsbefugnis des Familiengerichts besteht erst dann, wenn den Eltern ein in ihren Verantwortungsbereich fallendes Versagen bei Ausübung der Vermögenssorge angelastet werden kann. Vorrangig sind dabei die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1666 Abs. 2 BGB zu prüfen. Insoweit werden die Eingriffsmöglichkeiten in die Vermögenssorge als Regelbeispiele zu § 1666 Abs. 1 BGB ausgestaltet. Von einer Gefährdung des Kindesvermögens nach § 1666 Abs. 2 BGB ist danach in der Regel auszugehen, wenn der Inhaber der Vermögenssorge

seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind verletzt,
seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder
eine Anordnung des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge bezieht, nicht befolgt.

aa) Nichterfüllung der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung

 

Rz. 213

Zielrichtung dieser Alternative ist, eine Gefährdung der Gesamtvermögenslage zu verhindern.[801] Voraussetzung ist danach grundsätzlich allerdings eine Bedürftigkeit des Kindes, einhergehend mit einer Leistungsfähigkeit der Eltern.

Ist das Kind vermögend i.S.d. § 1602 Abs. 2 BGB, so ist ihm sein Vermögen und sein Arbeitsentgelt in angemessenem Umfang zu belassen.[802] Besteht auf Seiten der Eltern ein Rechtsirrtum hinsichtlich ihrer Unterhaltspflicht, so ist er nur beachtlich, wenn er unvermeidbar ist. Etwaige Versorgungsleistungen Dritter oder öffentliche Hilfe können die Eltern nicht entlasten, es sei denn diese Zuwendung beruht auf einer Vereinbarung zwischen allen Beteiligten.[803]

[801] OLG Karlsruhe FamRZ 2010, 391; BayObLG FamRZ 1989, 652.
[802] Palandt/Götz, § 1666 BGB Rn 25.
[803] BayObLG FamRZ 1989, 652.

bb) Verstöße gegen die mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten

 

Rz. 214

Als Verstöße gegen die mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten kommen etwa Verletzungen der Vermögensverwaltungspflicht oder ein Verstoß gegen die betriebswirtschaftlichen Grundsätze einer effektiven Vermögensverwaltung in Betracht. Anlass für ein familiengerichtliches Eingreifen kann dabei sein:

Säumnis der Eltern zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung für das von ihrem Kind verwaltete Unternehmen,
mangelnde Geltendmachung von Außenständen,
nachlässiges Betreiben eines Prozesses wegen oder gänzliche Unterlassung der Geltendmachung eines Vermächtnisanspruches,
kein Kümmern um ein im Eigentum des Kindes stehendes Mietobjekt,
unterlassene Anlegung eines Vermögensverzeichnisses nach § 1640 Abs. 1 BGB für das vom Kind geerbte Vermögen,
Vermischung eigenen Vermögens mit dem des Kindes,
Verstöße gegen §§ 1641, 1642,[804] 1645 BGB,
Verwendung des Kindesvermögens für den eigenen Unterhalt oder den der Geschwister des Kindes.
[804] LG Kassel FamRZ 2003, 626.

cc) Verstöße gegen Anordnungen des Familiengerichts

 

Rz. 215

Aus einer familiengerichtlich getroffenen Anordnung folgt eine unmittelbare Handlungspflicht für die Eltern. Deren Nichtbefolgung beinhaltet eine Gefährdung des Kindesvermögens, weil das Familiengericht die in Rede stehende Maßnahme zum Schutz des Kindesvermögens für erforderlich gehalten hat. Durch die Nichtbeachtung bringen die Eltern zum Ausdruck, dass sie nicht bereit oder nicht in der Lage sind, den Anordnungen zu folgen. Konsequenz ist in der Regel der vollständige Entzug der Vermögenssorge.

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