Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 4
Die verschiedenen Kostengesetze gebrauchen den Begriff "Kosten" leider nicht einheitlich. Jedenfalls ist nicht der Kostenbegriff im wirtschaftlichen Sinne gemeint, den die Betriebswirtschaftslehre definiert als: "Verbrauch an Gütern und Dienstleistungen, der zur Hervorbringung einer betrieblichen Leistung erforderlich ist."
Da ist schon eher der Kostenbegriff aus der Umgangssprache zutreffend. Fragt man z. B.: "Was kostet der Prozess?", so wird man eine Summe genannt bekommen, die sich aus den Gerichtskosten und der Anwaltsvergütung zusammensetzt. Damit wäre auch der Kostenbegriff der Justiz grob umrissen.
Rz. 5
Als Kosten im Sinne der Justiz bezeichnet man
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die Abgaben, die der Staat für die Inanspruchnahme der Gerichte fordert, also die so genannten Gerichtskosten, |
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aber auch die Aufwendungen, die einer Partei für die Inanspruchnahme der Leistungen eines Rechtsanwalts, eines Notars oder eines Gerichtsvollziehers entstehen, also außergerichtliche Kosten, |
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weiterhin die eigenen Aufwendungen, die einer Partei oder einem Beteiligten bei der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens entstehen, wozu z. B. Reisekosten und Entschädigungen für Zeitversäumnis bei Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins gehören (§ 91 Abs. 1 ZPO, § 464a Abs. 2 StPO), was ebenfalls außergerichtliche Kosten sind. |
Rz. 6
Die Kostengesetze und die die gerichtlichen Verfahren regelnden Gesetze (StPO, ZPO, FamFG usw.) behandeln die außergerichtlichen Kosten teilweise unterschiedlich, sodass im Einzelfall zu prüfen ist, was gemeint ist, wenn das Gericht die "Kosten des Verfahrens" oder die "Kosten des Rechtsstreits" einem der Beteiligten auferlegt.
Beispiel:
In § 464a Abs. 1 StPO werden als Kosten des Verfahrens nur die Gebühren und Auslagen der Staatskasse definiert, wogegen nach § 91 ZPO zu den Kosten des Rechtsstreits auch die außergerichtlichen Kosten der Partei gehören.
In gerichtlichen Verfahren regelt das jeweilige Verfahrensrecht erstens, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, und zweitens auch den Gang des Verfahrens, in dem der Betrag der notwendigen Kosten festgesetzt wird, die ein Beteiligter einem anderen zu erstatten hat (vgl. §§ 91 ff., 103 ff. ZPO, §§ 464 ff. StPO). Siehe dazu weiter unten die Kapitel über "Kostentragungspflicht" und "Kostenfestsetzung".
Merke:
Der Kostenbegriff der Justiz umfasst meistens gerichtliche und außergerichtliche Kosten. Bei gerichtlichen Verfahren regelt das Verfahrensrecht, wer die Kosten zu tragen hat und wie diese Kosten festgesetzt werden.
Rz. 7
Die Kosten werden in Gebühren und Auslagen unterteilt. Gebühren sind Kosten, die pauschal erhoben werden, ohne dass ein Zusammenhang mit dem entstandenen tatsächlichen Aufwand des Gerichts, des Rechtsanwalts oder des Notars besteht. Neben den Gebühren werden für gesetzlich genau bestimmte Aufwendungen Auslagen erhoben, die teilweise als Barauslagen nachgewiesen und ersetzt werden (z. B. Vergütungsverzeichnis Nrn. 7004 und 7006 RVG) oder die ihrerseits wieder pauschalisiert sind und damit den Gebühren angenähert sind (z. B. Vergütungsverzeichnis Nrn. 7000 und 7002 RVG).
Übersicht: Der Kostenbegriff
Merke:
Kosten werden in Gebühren und Auslagen unterteilt.
Rz. 8
Das RVG kennt noch eine Besonderheit: In dessen § 1 wird nicht von Kosten gesprochen, sondern davon, dass der Rechtsanwalt für seine Berufstätigkeit eine Vergütung erhält, die aus Gebühren und Auslagen besteht. Konsequenterweise erstellt der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit keine Kostenrechnung, sondern eine Vergütungsrechnung. Der Grund dafür ist darin zu sehen, dass nur der Rechtsanwalt eine privatrechtliche Entlohnung für seine Dienste erhält.
Rz. 9
Gerichte, Gerichtsvollzieher und Notare werden dagegen nicht aufgrund privatrechtlicher Verträge tätig, sondern im Rahmen des öffentlichen Rechts, sodass der Gesetzgeber hier wohl für eine Unterscheidung auch im Kostenbegriff sorgen wollte. In diesen Fällen sprechen die Gesetze von Kosten, die sich aus Gebühren und Auslagen zusammensetzen (§ 1 Abs. 1 GKG, § 1 Abs. 1 GNotKG, § 1 GvKostG), sodass nach diesen Gesetzen Kostenrechnungen erstellt werden. Da sowohl die "Vergütung" des Rechtsanwalts nach dem RVG als auch die "Kosten" nach den anderen Gesetzen sich aus Gebühren und Auslagen zusammensetzen, werden die Begriffe Vergütung und Kosten insofern gleichwertig benutzt.
Merke:
Gerichte, Gerichtsvollzieher und Notare erstellen Kostenrechnungen, wogegen Rechtsanwälte Vergütungsrechnungen fertigen.
I. Der Gebührenbegriff
Rz. 10
Der Begriff Gebühr steht im öffentlichen und im privaten Recht für eine pauschale Abgeltung von Leistungen, ohne dass es auf den Aufwand ankommt, der zur Erbringung dieser Leistung notwendig ist. Der Gesetzgeber will dem Bürger durch die pauschale Berechnung der Gebühren die Durchsetzung seiner Rechtsansprüche finanziell erschwinglich machen.
Würden die Kosten eines Prozesses nach dem getriebenen Aufwand des Gerichts und der prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte ermittelt, also etwa nach der Anzahl der Sitzungstermine und der ausgetauschten Schrift...