Rz. 450
Da die nichteheliche Lebensgemeinschaft ein rein tatsächliches Verhältnis ist und schlechterdings nicht Rechtsgrund für erbrachte Leistungen sein kann, scheiden Ansprüche nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB aus.
Rz. 451
Nach mittlerweile überholter Rechtsprechung des BGH kamen auch Ansprüche nach § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. BGB, also solche wegen Zweckverfehlung, nicht in Betracht. Dabei wurde argumentiert, dass zwischen den Partnern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft keine Rechtsgemeinschaft bestehe und der Zuwendungsempfänger nicht davon ausgehen könne, dass die Zuwendung unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall des Scheiterns der Gemeinschaft stehe. Andernfalls werde die Zweckabrede dem Willen der Partner zur jederzeitigen Beendigung der Partnerschaft zuwider laufen.
Rz. 452
Mittlerweile hat der BGH seine Rechtsprechung jedoch umgestellt. Er erkennt jetzt auch an, dass wegen solcher Leistungen, die innerhalb der nichtehelichen Lebensgemeinschaft erbracht worden sind, Rückgewähransprüche auf § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB, also den Tatbestand der Zweckverfehlung, gestützt werden können.
Rz. 453
Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs sind,
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Die Leistungen müssen über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht. |
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Die Zuwendung muss bei einem oder bei beiden Partnern zu Vermögenswerten geführt haben, die eine beendete Lebensgemeinschaft überdauern. |
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Es muss eine zwischen den Partnern getroffene Zweckabrede festgestellt werden |
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Bestand der Zweck der Zuwendung dann darin, dass die Zuwendung dem Lebensgefährten dauerhaft zugutekommen sollte und gingen die Partner dabei vom Fortbestehen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft aus, so ist der mit der Leistung bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist, wenn es zur Trennung kommt. |
Rz. 454
Im Hinblick auf den Leistungszweck muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger eine ausdrückliche Willensübereinstimmung erzielt worden sein. Für deren Annahme reichen allein einseitige Vorstellungen des Leistenden nicht aus.
Rz. 455
Ausreichend ist es aber auch, wenn der Leistende einen Leistungszweck verfolgt, dies in geeigneter Weise zum Ausdruck bringt und der Leistungsempfänger dies erkennt, die Leistung entgegen nimmt und dabei nicht zu erkennen gibt, dass er dem Leistungszweck widerspricht.
Rz. 456
Eine Zweckabrede liegt vor, wenn die Partner zwar keine gemeinsamen Vermögenswerte haben schaffen wollen, der eine aber das Vermögen des anderen in der Erwartung vermehrt, an dem übertragenen Gegenstand langfristig partizipieren zu können. Anders als für die Rückabwicklung nach gesellschaftsrechtlichen Normen muss also gerade kein gemeinsames Vermögen geschaffen werden. Ausreichend ist, dass der Leistende das Vermögen des anderen in der Erwartung mehrt, daran langfristig partizipieren zu können.
Rz. 457
Investiert also ein Partner in die Immobilie des anderen, so steht der Umstand, dass diese in dessen Alleineigentum steht, der Annahme eines Bereicherungsanspruchs nicht entgegen. Anders als für gesellschaftsrechtliche Ansprüche müssen die Partner keine gemeinsamen Zwecke verfolgen. Wollen die Partner in dieser Immobilie leben, ist mit der Investition dann zwar nur der gemeinsame Wohnbedarf und damit letztlich der Unterhaltsbedarf der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gedeckt. Für die Annahme bereicherungsrechtlicher Ansprüche muss aber nicht ein über die Lebensgemeinschaft hinausgehender Zweck verfolgt werden.
Rz. 458
Eine ausreichende Zweckabrede liegt schon vor, wenn der leistende Partner beispielsweise die Absicht verfolgt hat, in der Immobilie des anderen dauerhaft leben zu können. Dann muss der andere diese Absicht erkannt und die Leistung entgegen genommen haben, ohne dem zu widersprechen. Allein die nicht zum Ausdruck gebrachte Erwartung des einen Partners, die Lebensgemeinschaft werde Bestand haben, reicht indessen nicht aus, weil andernfalls jeder Trennung eine Zweckverfehlung immanent wäre.
Rz. 459
Die Darlegungs- und Beweislast für alle den Bereicherungsanspruch stützenden Tatsachen hat derjenige, der sich des Anspruchs berühmt. Hinsichtlich negativer Tatsachen hilft ihm der Grundsatz der sekundären Darlegungslast.
Rz. 460
Der Nachweis der positiven Kenntnis von der Zweckverfolgung des Partners dürfte in der Praxis nur schwer zu führen sein. Darauf hat auch der BGH hingewiesen. Denn die Partner denken im Zeitpunkt der Zuwendung regelmäßig nicht an ein späteres Scheitern ihrer Beziehung, weshalb Ansprüche wegen Zweckverfehlung nur ausnahmsweise begründet sein dürften.
Rz. 461
Auch im Ausgangsfall des BGH aus dem Jahr 2008 wurde eine Zweckvereinbarung nicht festgestellt, weil das Miteigentum unter anderem deshalb nicht begründet worden ist, weil sich der Partner dem Vollstreckungszugriff seiner Gläubiger nicht hat aussetzen wollen. Angesichts dieser Interessenlage verbiete sich die Annahme eines bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruchs. Für das Vorli...