Rz. 464
Bis zum Jahr 2008 ging die Rechtsprechung noch davon aus, dass durch den rein tatsächlichen Zusammenschluss zweier Menschen zu einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft keine Rechtsgemeinschaft begründet wird, so dass – solange sie ihre Beziehung nicht besonders regeln – das Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht die Geschäftsgrundlage für innerhalb der Gemeinschaft erbrachte Leistungen entfallen lassen kann.
Rz. 465
Auch diese Rechtsprechung hat der BGH aufgegeben. Nach der seit 2008 geltenden Rechtslage kommen nach der Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wegen wesentlicher Beiträge des Partners und Investitionen in das Alleineigentum des anderen durchaus auch Ansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht, wenn damit ein Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung geschaffen worden ist. Es werden insoweit die Grundsätze herangezogen, die angewandt werden, wenn es um die Rückabwicklung von Zuwendungen im Rahmen einer Ehe geht, für die die Gütertrennung gilt.
Rz. 466
Begründet wird dies damit, dass die persönlichen Beziehungen nicht nur in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, sondern auch in der Ehe im Vordergrund stehen und das vermögensmäßige Handeln bestimmen, ohne dass daraus hinsichtlich überobligationsmäßiger Leistungen auf das Fehlen einer Rechtsgemeinschaft geschlossen würde. Außerdem vermöge das Argument nicht zu überzeugen, dass der leistende Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft das Risiko des Scheiterns der Gemeinschaft bewusst in Kauf genommen habe, weil er nicht auf ihren Bestand habe vertrauen dürfen. Solange er auf den Bestand der Partnerschaft vertraue, sei er angesichts der hohen Ehescheidungsraten nicht weniger schutzwürdig als ein Ehegatte.
Rz. 467
In Betracht kommen Ansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage dann, wenn
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die Partner keine gemeinschaftlichen Vermögenswerte haben schaffen wollen, also keine Innengesellschaft gegeben ist und |
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eine Zweckabrede nicht feststellbar ist, also auch Bereicherungsansprüche nicht bestehen. |
Hinzukommen muss, dass
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die Leistung objektiv das Maß der üblichen gemeinschaftsbezogenen Leistungen überschreitet, |
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die Leistung zu einer noch fortbestehenden Vermögensmehrung auf Seiten des Leistungsempfängers geführt hat und |
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die Leistung im Ergebnis zu Vermögensverhältnissen geführt hat, deren Beibehaltung dem Leistenden nach Treue und Glauben nicht zuzumuten ist. |
Rz. 468
Ausgleichsfähig wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage sind nur Zuwendungen, die von Schenkungen abzugrenzen sind. Insofern gilt nichts anderes als für Zuwendungen unter Eheleuten. Die Schenkung ist dann anzunehmen, wenn die Leistung nach dem erkennbaren Willen des Schenkenden den Empfänger einseitig begünstigen und zu einer frei disponiblen Bereicherung führen soll. Sie kann gegebenenfalls unter den engen Voraussetzungen der §§ 530 ff BGB widerrufen werden. Wegen der Abgrenzung vgl. oben Rdn 404 ff.
Rz. 469
Eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung liegt dagegen vor, wenn sie als finanzieller Beitrag zur Verwirklichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gesehen wird. Der Zuwendende geht letztlich davon aus, dass der zugewandte Gegenstand in der Gemeinschaft verbleibt und auch ihm zukünftig noch zugutekommt. Sie erfolgen im Vertrauen auf den Fortbestand der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Scheitert die nichteheliche Lebensgemeinschaft, ist die Grundlage der Zuwendung entfallen.
Rz. 470
Beispielsfall:
M und F haben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen gelebt. Vor einer größeren Reise hat der M der F mit der Übertragung eines Sparbriefs einen erheblichen Teil seines Vermögens zugewandt. Sie sollte für den Fall eines Unglücks während der Reise aber auch darüber hinaus abgesichert sein. Die Partner haben sich getrennt und M begehrt die Rückzahlung des zugewandten Vermögens.
Der BGH hat sich zunächst mit der Frage befasst, ob die Übertragung des Sparbriefs eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung oder eine Schenkung darstellte. Er führt aus, dass der M seine damalige Partnerin für einen für möglich gehaltenen Unglücksfall habe absichern wollen. Der zugewandte Betrag habe nicht zur freien Verfügung gestanden und sei nicht zum Verbrauch bestimmt gewesen. Er habe der Vorsorge für den Lebensunterhalt seiner Partnerin in dem Fall dienen sollen, dass die Lebensgemeinschaft unvorhergesehen durch den Tod des M endete.
Ein derartiges Verhalten sei Ausdruck einer gegenüber der Partnerin empfundenen Fürsorglichkeit und Verantwortung, die auf Vertrauen und auf einer aus der gelebten Beziehung resultierenden besonderen persönlichen Bindung beruhe. Die Zuwendung sei somit ein Akt der über den für möglich gehaltenen Tod hinausreichenden Solidarität unter den Lebensgefährten gewesen und habe die Bindungen aneinander gestärkt. In diesem Sinne sei das zugewandte Vermögen der Lebensgemeinschaft und damit auch dem M selbst im Zusammenleben zugutegekommen.
Im Ergebnis wird nach dem Scheitern der nicht...