Rz. 8
Der Begriff der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hat sich in Deutschland für diejenige Form des paarweisen Zusammenlebens eingebürgert, das weitgehend eheähnlichen Charakter hat, sich von der Ehe aber durch den Mangel an Form unterscheidet.
Rz. 9
Zunächst stand dagegen die Abgrenzung der so genannten "wilden Ehe" oder des Konkubinats zur bürgerlichen Ehe im Vordergrund. Auch der Begriff der "eheähnlichen Gemeinschaft" wurde verwendet, dagegen fallen gelassen, weil die Partner sich zumeist für eine Form des Zusammenlebens entschlossen hatten, die sich von der Ehe gerade abgrenzte. Nachdem der BGH seine Rechtsprechung zur Auseinandersetzung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft geändert hat und gerade auch auf andere Formen des Zusammenlebens angewandt wissen möchte, und nachdem die nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in den Fokus gerückt sind, wird vielfach auch der Begriff der faktischen Lebensgemeinschaft verwendet. Denn die gleichgeschlechtliche Partnerbeziehung war zwar begrifflich nichtehelich, aber strukturell insofern eheähnlich, als Ehe und Lebenspartnerschaft förmliche Rechtsinstitute sind, die weitgehend inhaltsgleichen Regelungen unterliegen und sich grundlegend von nicht förmlich begründeten Paarbeziehungen unterscheiden. Nach der Einführung der so genannten "Ehe für alle", durch die die Ehe also auch gleichgeschlechtlichen Partnern zur Verfügung steht, ist ohnehin ein Unterschied nicht mehr zu machen, so dass eine nichteheliche Lebensgemeinschaft konsequenterweise sowohl zwischen heterosexuellen als zwischen homosexuellen Partnern möglich ist.
Rz. 10
In der Vergangenheit wurde maßgeblich auf das gemeinschaftliche Wohnen und Wirtschaften als bestimmendes Kriterium für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft abgestellt. Das Bundesverfassungsgericht hatte schon 1959 entschieden, dass eine nichteheliche Lebensgemeinschaft dann vorliege, wenn wie in einer Ehe aus einem Topf gewirtschaftet wird. Dementsprechend stellte auch der BGH auf das gemeinsame Wohnen und Wirtschaften als die entscheidenden Kriterien ab. Danach wurde das Vorliegen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dann verneint, wenn zwar eine Wohn-, aber keine Wirtschaftsgemeinschaft besteht und auch keine gewichtigen Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbracht werden.
Rz. 11
Im Jahr 1992 begründete das Bundesverfassungsgericht sodann die heute noch gültige Definition, die mittlerweile auch von anderen Gerichten aufgenommen und vom Bundesverfassungsgericht des Öfteren wiederholt worden ist. Danach ist eine nichteheliche Lebensgemeinschaft als eine heterosexuelle Beziehung zu sehen, die auf unbestimmte Dauer angelegt ist, sich durch innere Beziehungen der Partner zueinander auszeichnet und neben sich keine weiteren Lebensgemeinschaften weiterer Art zulässt. Es muss zu erwarten sein, dass die Bindungen der Partner zueinander so eng sind, dass sie auch in den Not- und Wechselfällen des Lebens füreinander einstehen und Verantwortung übernehmen. Aus diesem Grund wird die nichteheliche Lebensgemeinschaft auch als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bezeichnet. Diese Definition gilt fort, wenngleich die Tatbestandsvoraussetzung der heterosexuellen Beziehung aufgegeben werden kann.
Rz. 12
Die nichteheliche Lebensgemeinschaft weist damit zwar weitgehende Ähnlichkeit mit der Ehe auf, unterscheidet sich von dieser jedoch dadurch, dass es ihr an der für die Ehe erforderlichen Form mangelt. Anders als in der Ehe wird die gegenseitige Solidarität nur faktisch gelebt, aber rechtlich nicht geschuldet.
Rz. 13
Solange somit eine Ehe nicht in der nach den §§ 1310 ff. BGB vorgesehenen Form geschlossen ist, kann eine Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, ggf. auch zwischen zwei Frauen oder zwei Männern somit allenfalls eine nichteheliche Lebensgemeinschaft sein.
Rz. 14
Ist die Ehe im Ausland geschlossen worden, beurteilt sich nach dem Eheschließungsstatut, ob eine wirksame Ehe vorliegt oder die Verbindung eine nichteheliche Lebensgemeinschaft darstellt.
Rz. 15
Abzugrenzen ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft auch vom Verlöbnis. Das Verlöbnis dient der Vorbereitung der Eheschließung. Es stellt das Versprechen dar, einander zu heiraten. Gerade hieran fehlt es jedoch in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Die für das Verlöbnis und seine Auflösung bestehenden gesetzlichen Regelungen der §§ 1297 ff BGB sind deshalb auch auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft weder unmittelbar noch analog anwendbar. Anderes gilt natürlich dann, wenn die Partner einander die Ehe versprechen, also fortan verlobt sind. Dann finden natürlich auch die Regelungen über das Verlöbnis Anwendung.
Rz. 16
Neben der Ehe und der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind zahlreiche weitere Formen menschlichen Zusammenlebens denkbar und in der gesellschaftlichen Realität zu finden. Dazu gehören beispielsweise die Wohngemeinschaften, in denen mehrere Personen gemeinsam eine Wohnung mieten und nutzen, sich ihre G...